ett, mehrschläfriges  Er kam nicht als erster. Vor ihm war schon ein Mönch da, der auf Erbarmen rechnete, ein Bettelmönch mit einem Rosenkranz zwischen den Fingern, seinem einzigen Besitz, an den sich die Dirne Anne heranmachte, die nach ihm kam und aus Gewohnheit ihren mageren Fang gewähren ließ. Sie hoffte später auf den schönen Fremden, auf den jungen Körper des Soldaten als Belohnung für ihre Selbstlosigkeit am Mönch. Aber der Müller, der inzwischen mit seiner Frau eingetroffen war, ein selbstgefälliger satter Patron, hatte bereits Anne ins Auge gefaßt und wartete, daß seine Frau einschliefe, die wiederum darauf lauerte, daß der junge Begleiter eines verarmten deutschen Adligen, der noch später eingetroffen war und sich an den Bettrand zurückgezogen hatte, nicht mehr bewacht würde und ihre Zuwendung erwidern konnte. Auch ein Bader, ein betrügerischer Ablaßkrämer, war da, der hatte der Wirtin für die Nacht einen unentgeltlichen Aderlaß versprochen, wenn sie ihn in ihr Bett ließe.

Und in diesem Reigen von angespannter Vorlust und verhaltener Gier, als Anne bereits vom Mönch abgelassen hat und nun nach dem Soldaten tastet, der Müller nach Anne, die Müllerin nach dem Jüngling, der Bader nach der Wirtin, ertönt ein Schrei des Entsetzens in die Nacht. Anne hat ihren Soldaten erreicht, seinen begehrten jungen Körper entblößt — und in jäsige Wunden gefaßt, schwarze, sich öffnende Pestbeulen vom Kontinent, während er in Agonie röchelt und den letzten menschlichen Kontakt nicht mehr spürt. - Libuše Moníková, Die Fassade. München 1990 (zuerst 1987)

 

Bett

 

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