etriebsamkeit
Fleubet war ein Mann von großem Ehrgeiz, der glaubte, die nötigen Talente
zu besitzen, um diesen Ehrgeiz zu befriedigen, und also stets nach ersten Posten
strebte, aber keinen erlangen konnte. Die Enttäuschung, der Tod seiner kinderlosen
Frau, die erfolglose Geschäftigkeit, Alter und Frömmelei trieben ihn schließlich
in die Einsamkeit. Als Pontchartrain einmal seinen Sohn zu ihm schickte, war
dieser so taktlos, ihn zu fragen, was er denn dort täte. »Was ich tue?« erwiderte
Fleubet. »Ich langweile mich. Das ist meine Buße. Ich war zu betriebsam.« Er
langweilte sich ohne Unterlaß so sehr, daß er die Gelbsucht bekam und nach wenigen
Jahren vor Langeweile starb.
- (
sim
)
Betriebsamkeit (2)
Betriebsamkeit (3) Wenn er in mein Atelier im fünften Stock [über ganz bürgerlichen Wohnungen] kam, bedeckte er stets die Wände, die Treppenfenster, die Türen über das ganze Gebäude mit kleinen Klebzetteln: 'Tretet Dada bei' oder 'Anna Blume'. Er gebrauchte dafür einen Leim, der Porzellan klebt und sich nicht entfernen ließ. Er war immer in Betrieb, sowohl als Händler wie als Künstler.
Dem Entdecker boten Abfallkübel unbegrenzte Möglichkeiten. Seine Leidenschaft
führte ihn dazu, von der Straße allerlei Objekte aufzuheben,
auch aus Aschenbechern und Papierkörben, selbst wenn sie nicht gerade angenehm
rochen. Er 'erwarb' auch Dinge, die er brauchte, auf
eine besondere 'Schwitters-Weise'. Eines Tages, als wir im Trambahnanhänger
zu meinem Atelier im Grunewald fuhren, wo er oft übernachtete, wenn er in Berlin
war, sah ich Schwitters mit den Händen auf dem Rücken an der Tür, die zum Innern
des Wagens führte, herumwackeln. Als ich ihn fragte, was er da mache, winkte
er ärgerlich ab, und dann plötzlich, obgleich wir noch weit von unserem Endziel
waren, sprang er von der Trambahn ab. Da es hoffnungslos war, den Zweihundertpfünder
zu halten, sprang ich ihm nach. Zuerst antwortete er nicht auf meine ärgerlichen
Vorhaltungen, aber dann zeigte er mir als Erklärung sehr stolz das fünfundzwanzig
Zentimeter große Emailschild 'Rauchen verboten', das er mit einem immer bereiten
kleinen Schraubenzieher rücklings von der Tür abgeschraubt
hatte. Für derartige Gelegenheiten trug er stets solches künstlerisches Diebeshandwerkszeug
bei sich. - Hans Richter, Dada-Profile. Zürich 1961
Betriebsamkeit
(4) Im Palast des Maharadscha
von Benares hat Frau Annie Besant ihr Hindukolleg. In dem großen Garten
auf der anderen Seite der Straße liegen verstreut manche Gebäude, Häuser ihrer
Verwaltung. Da ist eins, das einen großen Saal in der Mitte hat — an den Wänden
hängen die Bilder Brahmas, Schiwas und Wischnus, Durgas, Kalis und mancher anderer
indischen Götter. Aber auch die von Christus und der Madonna, von Gautama Buddha,
von Mahavira, dem Stifter der Jainareligion, von Mohammed, von Zarathustra,
der der Parsen Glauben fand, von Lao-tse und von Konfuzius. Es ist eine Galerie
aller Götter und Propheten. Mächtiger aber als sie und den ganzen Saal beherrschend
prangen an beiden Enden große Bilder von — — Annie Besant.
— Ihr Haus liegt im andern Ende des Parkes, das „Bienenhaus" heißt es,
und das zu Recht. Denn fleißiger als Frau Annie Besaut ist keine Biene auf Erden
— siebzig dicke Bücher schrieb sie bisher, und in jedem Jahr kommen neue hinzu.
In einem andern Haus werden sie gedruckt, in einem dritten gebunden, in einem
vierten verkauft. Und die etwas rundliche Dame hat außer dieser gewaltigen Anstalt
in Benares noch zwei andere großartige Religionsstiftungen, in Kalkutta eine,
die andere in Madras. Dazu reist sie herum durch die ganze Welt und lehret alle
Völker — wie es geschrieben steht. - Hanns Heinz
Ewers, Indien und Ich. München 1918 (zuerst 1911)
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