esucher   Lucien, die Hände beengt in den Taschen seines zugeknöpften Rocks, wendete sich mir zu und gebärdete sich, indem er überleise sprach, wie ein Komplize.

Obwohl er ziemlich verwirrt war, versuchte er so zu tun, als fühle er sich wohl. Sein Mienenspiel sollte mir andeuten, daß ich schlauer sei als er, daß ich die Gelegenheit genutzt hätte. Ich tat, als verstünde ich nicht, so sehr fürchtete ich, Jeanne könnte plötzlich eine Tür öffnen und uns ertappen.

- Soll ich eintreten? flüsterte er mir ins Ohr, wobei er zugleich die Hände bereithielt, um sich damit an die Wände zu stützen, falls er aus dem Gleichgewicht käme.

— Aber ja. Ich bringe dich hinein.

Ich ging ihm voraus ins Eßzimmer. Er folgte mir. Ich trat ans Fenster. Er folgte mir immer noch. Er wich mir nicht von den Fersen.

Jetzt sah ich ihn im Tageslicht.

Die Streifen an seiner Hose waren am Knie unterbrochen von einem Riß, der nicht gestopft war, sondern bloß zusammengeflickt. Er hatte sich einen gestärkten falschen Kragen umgelegt, sowie eine schwarze Krawatte, deren Ende unter dem Gilet wohl länger war als das andere. Sein Rock war von oben bis unten zugeknöpft und engte ihn ein. In seinen Augen gehörte es sich, bei einem Besuch zugeknöpft zu sein.

Unablässig spähte er in alle Richtungen, ungeniert, so als wüßte er, daß nichts da mein Eigentum war. Plötzlich blickte er mich an und zwinkerte mir dann zu.

Ich fühlte: niemals würde dieser Mensch aus der Armut herausfinden; er war lebenslänglich zu ihr verurteilt, wegen seiner Frechheit gegenüber denen, die ihm wohlwollten.

Gleichwohl zwinkerte ich unwillkürlich zurück, mit dem rechten Auge, denn ich kann nur mit dem rechten Auge zwinkern, und auch nur ganz kurz, so wie meine Schwester, wenn sie zum Spaß die Straßenmädchen nachmachte.

Lucien stand inzwischen bei der Anrichte. Er versuchte da, durch die offenen Flügel in die oberen Fächer hineinzuschauen, ohne sich zu bücken. Er tat, als sei ich nicht da. An der Art, wie er von Zeit zu Zeit zur Tür hin blickte, merkte ich, daß einzig Jeanne es war, vor der er sich in acht nahm. Ich hatte sogar Verständnis dafür. Ein Gefühl der Selbstachtung ließ ihn mir bedeuten, daß er genauso hier sein durfte wie ich, daß wir uns nur durch den Zufall voneinander unterschieden. - Emmanuel Bove, Armand. Frankfurt am Main 1993 (zuerst 1924)

Besucher (2)   Ich lernte  die Technik dieser Besucher kennen, die immer zu zweit kommen. Es war Abend; ich saß allein in meiner Steglitzer Wohnung und las Beardsleys ›Venus und Tannhäuser‹. Es klingelte, zwei Polizisten standen vor der Tür. Sie traten ein und überhörten meine Frage nach den Ausweisen. Sie wollten wissen, ob ich Waffen hätte, öffneten auch gleich den Nachttisch im Schlafzimmer. Der eine begann dann, wie in eine Tasche in den Fond eines Sessels zu fahren und stach sich eine Nadel in die Hand. Der andere sah erst den Papierkorb und dann die Bücher an. »Haben Sie das geschrieben?« Er zeigte dabei auf mein Buch ›Der Arbeiter‹. Der Titel schien ihm verdächtig zu sein.

Sie kamen endlich zu ihrem Anliegen, den Briefen von Mühsam, die harmlos waren wie der Mann selbst. Ich gab ihnen meine Briefmappe »H-M«. Sie begannen zu blättern, stießen dabei gleich auf einige Namen, die hoch im Kurs standen, und brachen ihr Unternehmen ab. - Ernst Jünger, Strahlungen. Notat vom 24. August 1945

Besucher (3)   In den Vereinigten Staaten wird häufig von mysteriösen Besuchen und Drohungen von »Männern in Schwarz« berichtet. Sie tauchen bei Menschen auf, die öffentlich über ihre Begegnung mit UFOs berichtet hatten. Die Meinungen über die unheimlichen Besucher gehen auseinander. Viele Betroffene glauben, sie seien Außerirdische, andere, es seien Männer des CIA, des amerikanischen Geheimdienstes.

Sie tragen schwarze Anzüge, weiße Hemden und schwarze Krawatten. Eines haben die Besucher gemeinsam: Sie fordern die Augenzeugen auf, alles, was sie gesehen haben, zu vergessen und nicht weiter zu forschen. Der oder die Besucher kommen fast immer dann, wenn das Opfer allein ist. Häufig fahren die Besucher in alten schwarzen Wagen vor, deren Nummernschilder gefälscht oder noch gar nicht ausgegeben sind. Es sind immer Männer. Oft wird Gewalt angedroht. Eine Untersuchung von 32 glaubwürdigen Fällen in den USA zeigte, dass einige Besuche von der typischen Version abweichen. In vier Fällen gab es keinen Besuch, sondern telefonische Drohungen. Von den Berichten erwähnen nur 18 einen geheimnisvollen alten Cadillac. In sechs anderen Fällen war es ein ebenfalls altes Modell. Aber die Nummernschilder waren stets gefälscht. - (hoe)
 

 

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