Fespitzelung   Und SIE sind auch da, wie immer: Jetzt, wo sie über das Telephon nichts mehr hören können, weil es stumm oder für niemanden läutend zu Hause geblieben ist, und wo sie mich mit ihrer Bespitzelung nicht mehr direkt erreichen können (da ich nicht viel von der Installation versteckter Mikrophone verstehe, habe ich weiß ich wie oft und für alle Fälle mal Fuck you, friends zu ihnen gesagt, während ich die Pflanzen goß oder die Vorhänge aufzog), schäumen sie bestimmt vor Wut, wenn sie sehen, daß es um die wissenschaftliche und häusliche Organisation der Expedition bestens bestellt ist und daß wir zwei Minuten nach unserer Ankunft auf einem Parkplatz bereits eingerichtet sind, der Kühlschrank ausnivelliert, alles an seinem Platz und wir selbst je nach Tageszeit für einen Kaffee oder etwas anderes bereit. Ganz allmählich, aber mit aller Deutlichkeit, nehmen wir die Zeichen wahr. Es liegt auf der Hand, daß sie nicht direkt eingreifen werden, aber als schon am zweiten Reisetag der erste Rastplatz geschlossen war, war das nicht wie eine Versuchung, das Projekt aufzugeben? Bringt es sie zur Verzweiflung, daß sie nicht richtig begreifen, was wir suchen, glauben sie vielleicht, daß wir irgendeine verdächtige Zusammenkunft auf der Autobahn angezettelt haben?

Vielleicht gehören nicht alle zur selben Organisation. Als der erste Hubschrauber über den Parkplatz flog, auf dem wir gerade angekommen waren, dachte ich sogar, wir hätten auch Freunde, die uns beschützen ... Es gibt die unterschiedlichsten Zeichen: die Flasche mit dem falschen Whisky im Hotel, zum Beispiel. Und vor demselben Hotel, als wir, bevor wir auf unser Zimmer gingen, sicherheitshalber Fafnirs Vorhänge zuzogen, weil wir dachten, daß er vielleicht manchmal ein bißchen Intimität für sich allein braucht, was sollte man da von diesem Mädchen mit den roten Stiefeln denken, das zweifellos dachte, wir würden im Wagen schlafen, und sich näherte, um eine Großaufnahme von ihm zu machen? Wie man sieht, sind sie sehr schlecht informiert, denn sie wußten ja nicht einmal, wo wir waren, aber dieses Mädchen ging jedenfalls sehr vorsichtig zu Werke und tat so, als wollte sie das Photo von einem Mann machen, der in einem hinter Fafnir stehenden Auto saß, aber wir, die wir sie von unserem Zimmer aus beobachteten, wußten, daß man, wenn man die Entfernung gegen unendlich einstellen will, das Objektiv nach links drehen muß, gegen den Uhrzeigersinn, während ihre Hand sich nach rechts bewegte, um ein Photo auf eine Entfernung von höchstens zwei Metern zu machen ... Nun gut, no pasarán. Im Grunde ist es das beste, sie in dem Glauben zu lassen, wir seien dumm. Ach ja, und die andern Zeichen: diese Engländer, die so englisch aussahen, daß sie ganz offensichtlich verkleidet waren, und die anhielten, um angeblich etwas an ihrem Wohnwagen zu reparieren. Und dieses geheimnisvolle Zelt, das irgendwann nächtens neben uns aufgeschlagen wurde?  - Julio Cortázar, Carol Dunlop: Die Autonauten auf der Kosmobahn. Frankfurt am Main 2014 (BS 2481, zuerst 1983)

 

Paranoia

 

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