erliner  »Der Berliner ist in der Regel ein geborner und häufig auch erzogener, wo nicht verzogener Kritiker. Er ehrt und fördert die Wissenschaft, er liebt die Kunst, er betet sie an; aber er liebt sie oft mehr, um darüber zu sprechen, sein Wissen und seinen Scharfsinn daran üben zu können.» (Damen-Conversationslexikon 1835). Dennoch freut er sich als ernster, männlicher und mäßiger Mensch »herzlich der fremden Anerkennung». Die Berlinerin zeichnet sich durch »schlanker edlen Wuchs« und »nicht unverhältnismäßig große« Füße aus: »Der Teint ist rein, mehr weiß als rosig, mehr blaß als schimmernd und durchsichtig. Alles athmet »Anstand und Decenz«, wenn auch nicht unbedingt Geschmack. Sie liebt die Mode (»ohne darin immer gewählt genug zu sein»), liest viel (aber meist wahllos) und spricht gern (»zuweilen recht tiefsinnig»). Kurz, »alle Berlinerinnen sind Damen und machen sich als solche geltend»; ja, »der Name einer berliner Hausmutter ist der schönste Ehrentitel einer deutschen Frau». Und wenn der noch ungeschliffene Juwel Berlin sich dereinst »vollends zur Kugel abrundet und polirt», wird er vielleicht sogar eine Weltstadt. 1892 zählt Brockhaus in Berlin bereits 4133 männliche und 147 weibliche Literaten und Schreiber, 4633 bzw 1902 Beschäftigte in der Branche »Schöne Künste» und immerhin 823 Schausteller. - (lex)

Berliner (2)  Nicht die kräftige Erscheinung des turnerischen, schlank und hochgewachsenen Mannes, die, als Ausnahme auftretend, ursprünglich etwas Westdeutsches ist, dominiert hier; ein anständiges Mittelmaß herrscht gleichförmig und fast durchgehend wie in einem nach Militärvorschrift zusammengestellten Korps; blockförmig und in geraden Linien zugehauen, breitschultrig, stattlich an Gliedern und Gelenken, mit großen Händen und Füßen, präsentiert sich der Berliner Bürger. Er ist Unteroffizier bei einem Garde-Infanterie-Regiment gewesen und behält zur Erinnerung den aufgekämmten Schnurrbart, den glänzend-exakten Scheitel für den Rest seiner Tage. Nun erkennt man ihn. Der Kopf ist rund, regelmäßig, durch sein ruhiges Ebenmaß gefällig; das Gesicht unverkennbar wendisch-breitknochig, das Kinn energisch, wenn auch flach, der Timbre der Haut dabei meistens zart; das Haar blond oder hellbraun; das Auge blau oder grau. Nicht der schöne oder kokette, sondern der männliche Mann ist das Ideal, dem nachgestrebt wird. Ein lebenslustig gesundes Kolorit ist den meisten Köpfen angeboren, und die Wohlgenährtheit namentlich in den subalternen Ständen, mit denen das Publikum dienstlich in Verkehr kommt, so gleichmäßig, daß sie unter den Ausländern, die die Reichshauptstadt von heute beschreiben, gewöhnlich mit an erster Stelle genannt wird. Die runden Backen sind rasiert. Der Vollbart wird verpönt. Er ist schlapp. - Nach: Berlin um 1900. Red. Gesine Asmus. Hg. Berlinische Galerie u.a.  Berlin 1984

Berlin
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