elesenheit
Studierende und Studierte aller Art und jedes Alters gehn in
der Regel nur auf Kunde aus; nicht auf Einsicht. Sie setzen
ihre Ehre darin, von Allem Kunde zu haben, von allen Steinen, oder Pflanzen,
oder Bataillen [Schlachten], oder Experimenten und sammt und sonders von
allen Büchern. Daß die Kunde ein bloßes Mittel zur Einsicht sei, an sich
aber wenig, oder keinen Werth habe, fällt ihnen nicht ein, ist hingegen
die Denkungsart, welche den philosophischen Kopf charakterisirt. Bei der
imposanten Gelehrsamkeit jener Vielwisser sage ich mir bisweilen: o, wie
wenig muß doch Einer zu denken gehabt haben, damit er so viel hat lesen
können! Sogar wenn vom alten Plinius
berichtet wird, daß er beständig las, oder sich vorlesen ließ, bei Tische,
auf Reisen, im Bade; so dringt sich mir die Frage auf, ob denn der Mann
so großen Mangel an eigenen Gedanken gehabt habe, daß ihm ohne Unterlaß
fremde eingeflößt werden mußten, wie dem an der Auszehrung Leidenden ein
consommé, ihn am Leben zu erhalten. Und von seinem Selbstdenken
mir hohe Begriffe zu geben ist weder seine urtheilslose Leichtgläubigkeit,
noch sein unaussprechlich widerwärtiger, schwer verständlicher, papiersparender
Kollektaneen[Auszugs-]stil geeignet. - (
schop
)
Belesenheit
(2) Palivec war als ordinärer Mensch bekannt, jedes zweite
Wort von ihm war Dreck oder Hinterer. Dabei war er aber belesen und verwies
jedermann darauf, was Victor Hugo in seiner Schilderung der Antwort der
alten Garde Napoleons an die Engländer in der Schlacht von Waterloo über dieses
Thema schreibt. -
Jaroslav Hašek, Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Reinbek bei 1969
(zuerst 1920 - 1923)
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