eileid «Läuft denn dort nicht Greenbaum, dessen Vater wurde gestern beerdigt! Kommt, gehen wir zufällig über die Straße und wünschen ihm, lange zu leben!»
«Greenbaum gestorben! War das der Greenbaum von der Börse, der es so wüst mit den Weibern getrieben hat?»
«Der nämliche», versetzte Jankele. Und dann, da sie sich dem Sohn näherten: «Gut Sabbat, Mr. Greenbaum! Möget Ihr lange leben! Welcher Schlag für die Gemeinde!»
«Euer Mitgefühl tut mir wohl», erwiderte der Sohn mit tränenvoller Stimme.
«Ach ja!» seufzte Jankele gepreßt. «Euer Vater ist gewesen ein guter Mann, ein großer Mann - genau meine Größe.»
«Die Kleider habe ich schon dem Glaser Baruch gegeben», sagte der junge Greenbaum.
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Israel Zangwill, Der König der Schnorrer. München 1994 (zuerst 1894)
Beileid
(2) Meine teure Mutter! Verkennen Sie mich nicht, wenn
ich über den Verlust unserer nun seligen Großmutter mehr die notwendige Fassung
als das Leid ausdrücke, das die Liebe in unsern Herzen fühlt. Ich finde, daß
man ohne festen Sinn nicht wohl auskommt, ich will der Ratgeber nicht sein für
die Meinigen, aber ich meines Orts muß mein so lange nun geprüftes Gemüt bewahren
und halten, und die zärtlichen, guten Worte, die, wie Sie wissen, mir zu leicht
vom Munde gehen, ich muß sie sparen für jetzt, ich darf nicht Sie und mich noch
mehr dadurch bewegen. Das neue, reine Leben, das, wie ich glaube, die Gestorbenen
nach dem Tode leben und das der Lohn ist auch für die, die, wie unsere teure
Großmutter, ihr Leben lebten in heiliger Einfalt, diese Jugend des Himmels,
die nun ihr Anteil ist, nach der so lange ihre Seele sich sehnte, diese Ruhe
und Freude nach dem Leiden, wird auch Euer Lohn sein, teure Mutter, teure Schwester;
für meinen Bruder und mich ist wohl auch ein edler Tod, ein sicherer Fortgang
vom Leben ins Leben aufbehalten, so wie ich glaube, allen den Unsrigen. -
Hölderlin an seine Mutter, Karfreitag, 16. April 1802
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