Befreier  Es bedurfte - man wird sehen, warum ick meine Worte mit Bedacht setze - es bedurfte einer erprobten Freiheit von allen Bindungen (und ich kenne dafür wahrhaftig kein anderes Beispiel), um die Sprache in so hohem Maße zu emanzipieren, wie das Benjamin Peret vermochte. Er allein hat beim Wort mit Erfolg das der alchemistischen »Sublimation« entsprechende Verfahren angewandt, das darin besteht, durch seine »Scheidung vom Groben« das »Aufsteigen des Feinen« zu bewirken. Das Grobe ist in diesem Fall jene Kruste ausschließlicher Bedeutung, mit der der Gebrauch alle Worte überzogen hat, und die ihnen praktisch keinen Spielraum mehr läßt für ihre Assoziationen außerhalb jener Schubfächer, in die sie unmittelbare oder der Übereinkunft entsprechende Nützlichkeit, von der Routine nachhaltig unterstützt, sorgfältig gesondert verbannte. Das enge Fach, das sich gegen jede neue Verbindung der heute in den Worten erstarrten Bedeutungselemente sperrt, läßt unaufhörlich die Zone der Undurchsichtigkeit wachsen, die den Menschen immer wieder der Natur und sich selbst entfremdet. Hier greift Benjamin Péret als Befreier ein.

Die größten Dichter vor ihm hatten sich gleichsam dafür entschuldigt, »anstelle einer Fabrik tatsächlich eine Moschee« gesehen zu haben, oder sie hatten eine herausfordernde Haltung annehmen müssen, um zu beteuern, daß sie gesehen hatten, wie »eine Feige einen Esel fraß«. Sie scheinen, wenn sie derlei vorbringen, das Gefühl zu haben, daß sie eine Vergewaltigung begehen, daß sie das Bewußtsein des Menschen profanieren, daß sie das heiligste aller Tabus verletzen. Mit Benjamin Péret jedoch hat es mit dieser Art von »schlechtem Gewissen« ein Ende, die Zensur hat ausgespielt, man beruft sich auf das »alles ist erlaubt«. Nie hatten die Worte und das, was sie bezeichnen, der Domestizierung ein für allemal entgangen, einen so hemmungslosen Jubel gezeigt. Selbst den künstlich hergestellten Gegenständen gelingt es, die natürlichen Dinge in die Sarabande hineinzuziehen, denn beide wetteifern darum, daß man über sie verfüge. Endlich ist man den alten, verstaubten Plunder los. Es herrscht wieder panische Freude. Die ganze Magie ist in einem Glas Weißwein:

dieser Wein, der nur weiß ist bei Sonnenaufgang
weil ihm die Sonne mit der Hand durchs Haar fährt

Alles ist befreit, alles auf poetische Weise gerettet dank der Wiederinkraftsetzung des allgemeingültigen Prinzips der Mutation, der Metamorphose. Man begnügt sich nicht mehr damit, die »Entsprechungen« zu preisen als große, wenn zeitweilig leider auch erlöschende Lichter, man orientiert sich, man wird rege nur durch die ununterbrochene Verwirklichung leidenschaftlicher Einklänge.  - André Breton, nach (hum)

Befreiung

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

 

Synonyme