edauern   Arme F. Unglückliche Nacht. Unmöglichkeit, mit F. zu leben. Unerträglichkeit des Zusammenlebens mit irgend jemandem. Nicht Bedauern dessen; Bedauern der Unmöglichkeit, nicht allein zu sein. Weiter aber: Unsinnigkeit des Bedauerns, Sichfügen und endlich Verstehn. Von der Erde aufstehn. Halte dich an das Buch. Aber wieder zurück: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, von dem hohen Fenster hinunterspringen, aber auf den vom Regen durchweichten Boden, auf dem der Aufschlag nicht tödlich sein wird. Endloses Wälzen mit geschlossenen Augen, dargeboten irgendeinem offenen Blick. - Franz Kafka, Tagebücher (6. Juli 1916) Frankfurt am Main 1967

Bedauern (2)  

Manche freilich müssen drunten sterben,
Wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,
Andre wohnen bei dem Steuer droben,
Kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.

Manche liegen immer mit schweren Gliedern
Bei den Wurzeln des verworrenen Lebens,
Andern sind die Stühle gerichtet
Bei den Sibyllen, den Königinnen,
Und da sitzen sie wie zu Hause,
Leichten Hauptes und leichter Hände.

Doch ein Schatten fällt von jenen Leben
In die anderen Leben hinüber,
Und die leichten sind an die schweren
Wie an Luft und Erde gebunden:

Ganz vergessener Völker Müdigkeiten
Kann ich nicht abtun von meinen Lidern,
Noch weghalten von der erschrockenen Seele
Stummes Niederfallen ferner Sterne.

Viele Geschicke weben neben dem meinen,
Durcheinander spielt sie alle das Dasein,
Und mein Teil ist mehr als dieses Lebens
Schlanke Flamme oder schmale Leier.

- Hugo von Hofmannsthal

Bedauern (3) Krates  kümmerte sich nicht im geringsten um die Staatsangelegenheiten, nicht einmal, um sie zu bespötteln, und gab sich nicht den Anschein von Mut gegen die Gewaltherrscher. Er billigte keineswegs die Handlungsweise des Diogenes, der eines Tags aufbrüllte: »Männer hierher!« und die daraufhin Herbeieilenden mit dem Stock wieder hinwegprügelte, wobei er ihnen zuschrie: »Ich habe doch ›Männer‹ gerxifen und nicht ›Abschaum der Menschheit‹. Krates ging mit den Leuten sanft um. Ihm galt alles gleich. Die Wunden waren ihm Gewohnheit geworden. Er bedauerte nur sehr, keinen so gelenken Körper zu haben, daß er sie hätte belecken können, wie es die Hunde tun. - Marcel Schwob, Der Roman der zweiundzwanzig Lebensläufe. Nördlingen 1986 (Krater Bibliothek, zuerst 1896)

Bedauern (4)   Im ganzen gibt es in Indien nur noch 101 775 Parsen, von denen 83 019 in der Präsidentschaft Bombay leben. Infolge Inzucht (Verwandtenehen) haben nicht wenige unter ihnen schwache Lungen und Augen (sind tuberkulös und kurzsichtig), viele haben keine rechte Heiratslust, und es heißt, daß sie in nicht allzu langer Zeit aussterben werden, was sehr schade wäre. - Magnus Hirschfeld, Weltreise eines Sexualforschers im Jahre 1931/32. Frankfurt 2006 (zuerst 1933), Weltreise eines Sexualforschers im Jahre 1931/32. Frankfurt 2006 (zuerst 1933)

Bedauern (5)   Der Arzt gab meinen Vater sofort auf. Wenn ich mich zu seinen Lebzeiten in Triest aufhielt, waren wir höchstens ein Stündchen im Tag beisammen, doch auch dies nicht täglich. Im ganzen Leben bin ich ihm nicht so nah gewesen wie in den Tagen der Trauer um seinen Tod. Ich wollte, ich hätte damals weniger geweint und wäre vorher mehr bei ihm gewesen! Das hätte sicher meiner Gesundheit genützt.  - (cos)

Reue
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