Bazillenkulturen    «Ja», antwortete die Ärztin. «Diphtherie, Lungenentzündung, Malaria, Typhus...,» sagte die Ärztin und dabei zeigte sie auf die verschiedenen Reagenzgläser, von denen jedes mit einer Aufschrift versehen war. Während sie ihm die Färbung der Bazillen für mikroskopische Versuche erklärte, ging ein Mann vorüber, unter dessen weißem Kittel enorme Füße herauskamen.

«Doktor», sprach die junge Frau, sich von Tito loslösend, der allein vor den Bazillenkulturen stehenblieb. «Man hat vom anatomischen Institut aus angerufen; sie brauchen eine weibliche Leiche, womöglich eine junge.»

«Augenblicklich habe ich keine», antwortete der Arzt nach kurzem Besinnen, «aber bis heute abend spätestens hoffe ich eine beschaffen zu können. Eine weibliche, sagen Sie? Ich habe, was man benötigt. Antworten Sie dem Professor, daß ich hoffe, ihm heute abend das Gewünschte schicken zu können.»

Und er ging in das andere Zimmer.

Tito hatte die augenblickliche Abwesenheit der jungen Doktorin benutzt, um sich einer der Glasröhren zu bemächtigen und sie geschickt in seiner inneren Rocktasche zu verbergen.

Er blieb noch kurze Zeit da und hörte zerstreut und ungeduldig die Erklärungen seiner anmutigen Führerin an. Aber sobald er sich verabschieden konnte, lief er in Eile nach Hause, das Reagenzglas mit der Kultur von außen zärtlich streichelnd.

«Typhus! Typhus! Typhusbazillen. Ich trinke all dieses auf einmal. Ich gehe dem Tod entgegen. Der Todesart, die ich suchte. Wenn das Schicksal mich retten will, wird es mir einen Arzt schik-ken, der fähig ist, mich gesund zu machen.»

Er schüttelte die flüssige und schleimige Substanz, goß sie in ein Glas und trank sie aus. Sie hatte einen salzigen und säuerlichen Geschmack.

«Bazillenkulturen sind gar kein so übles Getränk.»

Und darauf leerte er ein Gläschen Chartreuse.

Er nahm die Fotografie der splitternackten Kokaina, betrachtete sie und legte sie wieder zurück.

Dann breitete er auf dem Schreibtisch ein Blatt weißes Papier aus und schrieb: «Ich töte mich, weil es mir widerwärtig ist, weiterzuleben. Jeder intelligente Mensch sollte das gleiche tun, wenn er achtundzwanzig Jahre alt ist.

Ich will bei meiner Beisetzung keine Priester. Aber da die Priester nicht dem Wohl des Toten, sondern der Lebenden dienen, so will ich, wenn ein Priester dabei sein sollte, auch einen Rabbiner und einen Waldenser-Prediger. Ich habe viel Sympathie für die Geistlichen aller Konfessionen; denn entweder sind sie guten Glaubens, und dann halte ich sie jeder Bewunderung für würdig; oder sie sind ungläubig, und in diesem Falle sind sie bewunderungswürdig wie alle geschickten Betrüger.

Ich will im grünen Pyjama, mit den Händen in der Tasche, in den Sarg gelegt werden.

Ich verlange eingeäschert zu werden.

Meine Asche soll man in die beiden runden, buntbemalten Aschenurnen füllen, die eine soll Pietro Nocera zur Erinnerung an mich bekommen; die andre meine Maud Fabrege.

Pietro Nocera vermache ich auch alle meine Bücher und meine Kleider. Meinem Freund, dem Mönch, hinterlasse ich die silberne, vergoldete Monstranz. Maud Fabrege (Maddalena Panardi) meine wenigen Schmuckstücke.

Das Geld, das ich zurücklasse, vermache ich dem Tierschutzverein. »    - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12225, zuerst 1922)

Bakterien Züchtung

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