ariton
Für den »Bariton«, mit dem — wie ein Stein mit dem Hals — das Bild
von Stufen verbunden ist, die man in die Erde treibt, um in den Keller zu gehen
oder Schritt für Schritt eine gewisse Anzahl von Metern unter die Meereshöhe
hinabzusteigen, liefert ein Zahnarzt, dessen Praxis
sich in der Rue d'Auteuil befand und der manchmal ins Haus kam, um zusammen
mit meinem Vater dem Gesang zu frönen — während wir ihn weniger dieser Rachenübungen,
sondern unserer Zahnpflege wegen aufsuchten —, ein glänzendes Beispiel, denn
seine Stimme war so mächtig und tief, daß sie (wie ein vorbeifahrender, mit
Fässern oder Pflastersteinen beladener Lastwagen) die Fensterscheiben zum Zittern
brachte, während dieses Erzittern, von meinen eigenen Trommelfellen imitiert,
immer, wenn das Phänomen auftauchte, sich unweigerlich in mir als Ausbruch eines
Schreckensschauers niederschlug. Dieser Mann im reifen Alter — sehr groß, glatzköpfig
und mit weißen Härchen am Körper, den ich nie anders sah als mit dunklem Blick
und ernster Miene - öffnete beim Singen einen jener Münder, die man wegen ihrer
Größe gern mit Backöfen zu vergleichen pflegt. Vielleicht
war es ihm, durch dieses ständige Beugen über die weitaufgerissenen Münder seiner
Patienten angesteckt, zur Gewohnheit geworden, dieselbe Höhle vorzuzeigen (die
Höhle des primitiven Menschen, Troglodyten oder Menschenfressers)?
- Michel Leiris, Die Spielregel I. Streichungen. München 1982
(zuerst 1948)
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