Bardo    «Fast wäre ich du gewesen», sagte Weed zu ihr.

«Aber sicher.» Doch Weed klärte sie über das Bardo, den Zustand nach dem Eintritt des Todes, auf- es gebe nur eine begrenzte Zeit, in der die Seele sich einen neuen Körper suchen könne, in dem sie dann wiedergeboren werde, und man müsse nach Männern und Frauen, die miteinander schliefen, Ausschau halten und dabei mit notgedrungen nur schemenhaft wahrnehmbaren anderen Seelen in einer trostlosen, rauchgeschwärzten Region herumwimmeln, deren Atmosphäre etwas von Sexshows und Pornotheatern hatte, immer auf der Suche nach einem eben befruchteten Ei und dem magischen Augenblick, dem Einzelbild, durch das die aus dem vertrauten Körper vertriebene Seele wieder in die Welt eintreten könne.

«Ich hab den Kardinalfehler begangen», gestand Weed. «Hatte noch zuviel im Kopf und konnte meine neuen Eltern nicht finden, und dann war meine Zeit abgelaufen. Jetzt bin ich also hier.»

«Dann wußtest du von mir?»

«Ich dachte, das wäre vielleicht ihr merkwürdiger Versuch, alles wieder in Ordnung zu bringen: ein Leben für ein Leben, damit das Konto ausgeglichen ist.»

«Aber wenn ich nicht du bin, wer bin ich dann?»

«Da kommt man ins Grübeln, was?» sagte Takeshi und nickte.   - Thomas Pynchon, Vineland. Reinbek bei Hamburg 2015

Wiedergeburt Tod

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