anausentrost Törichterweise
nahm ich an, daß die Artefakte, die Vladimir mir vor das Gesicht hielt... törichterweise
glaubte ich nur eine Anzahl Maler aufzählen zu müssen, die so arbeiteten und
sich so ausdrückten wie Vladimir, und schon würden ihn meine Variationen zum
Thema Vladimir ermuntern. Als er mir die Fleckchen vorlegte, kam ich sogleich
mit den Flecken, an denen Lionardo seinen Schülern zeigte, wie schön die Kurven
sind, welche die Natur geschaffen hat, jene Kurven und Formen, die geeignet
sind, Gewitterwolken und Seeschlachten darzustellen, und ohne zu bemerken, daß
Vladimír erbleichte, fuhr ich fort, ja, solche Fleckchen habe schon Vitezslav
Nezval gemacht, seine Abziehbilder, bei denen er die Aktivität seiner spontanen,
pinsellosen Malerei noch dadurch gesteigert hatte, daß er mit allem Möglichen,
mit allen seinen Gliedern in das noch feuchte Dekalk schlug. Wenn Vladimir mir
seine aktive Graphik zeigte, versäumte ich nicht zu sagen, um ihn zu trösten,
daß er nicht der einzige sei, daß er Vorgänger habe oder Zeitgenossen, daß ähnliches
schon Paul Klee gemacht habe, und dann zeigte ich ihm in einer Monographie fast
gleichartige Artefakte, in der törichten Annahme, Vladimír werde erfreut sein,
wenn ich ihn in eine Reihe mit dem Meister Paul Klee stellte, und ich bemerkte
nicht, daß Vladimírs Augen sich verdrehten, daß er drauf und dran war, auf den
Rücken zu fallen, daß er sich zusammenriß, um mir nicht das Gebiß in den Rachen
zu schlagen. Wenn er mir seine strukturale Graphik vorlegte mit der per Schweißbrenner
aufgespritzten aktiven Auflage, wenn er mich mit den Augen seine magnetische
Graphik abtasten ließ, in der der Zufall ausgeschlossen ist, da die magnetischen
Gesetze selbst das Artefakt mit ihren Kraftlinien bilden, da konnte ich nicht
umhin, von Fautrier zu sprechen, kam wieder mit Paul Klee und Max Ernst, in
der törichten Meinung, daß diese Mitteilung Vladimír Flügel wachsen ließe. Doch
Vladimir hockte wie vom Blitz getroffen da, er war weder imstande, mir eine
runterzuhauen noch mir zu sagen, ich sei ein Spießer und Kleinbürger, ein Mensch,
der außerstande sei, aus sich selbst heraus etwas zu beginnen, weil ich
dauernd Zitate und Satze zu Hilfe nehmen müsse, die schon jemand vor mir gesagt
habe, er saß da und hielt die gebrochenen Hände im Schoß und machte gar nicht
erst den Versuch, sich zu verteidigen, indem er mich angriff. -
Bohumil Hrabal, Ein Dandy im Schlosseranzug. In: B. H., Leben ohne
Smoking. Frankfurt am Main 1993
|
||
|
||