Ball (1)
 

 BALL DER GEHÄNGTEN

Am schwarzen Galgen, einarmig-lieber Geselle,
Tanzen, tanzen die Paladine,
Die magren Paladine der Hölle,
Die Skelette der Saladine.

Der gnäd'ge Herr Beelzebub, der zerrt an dem Stricke
Sein schwarz Püppchenvolk, das grinsend zum Himmel sieht.
Und, einer Schlurre Sohle klatschend in's Genicke,
Läßt tanzen, tanzen sie zu altem Weihnachtslied!

Und die Puppen gestoßen, verflechten die langen
Mageren Arme wie schwarze Orgeln; und offene Brüste,
Die freundliche Fräuleins vor Zeiten umschlangen,
Puffen sich lange in scheußlichem Liebesgelüste.

Hurra, ihr lustigen Tänzer, die Wänste müßt ihr missen,
Luftspringen kann man jetzt, die Bretter sind so lang!
Hopp, ist es Tanz, ist's Schlacht? man braucht's nicht mehr zu wissen!
Sein Geigen Beelzebub kratzt mit verrücktem Klang!

O harte Fersen, nie verbraucht man die Sandale!
Fast alle han das Hemd der Haut sich abgetan;
Der Rest stört wenig mehr, wird keinem zum Skandale.
Den Schädeln pappt der Schnee ein weißes Hütchen an.

Den rissigen Köpfen macht der Rabe ein Panier,
An ihrem mageren Kinn ein fleischiger Brocken baumelt:
Man könnte meinen, daß in düsterem Turnier
Erstarrter Helden Schar an pappene Panzer taumelt.

Hurra! es pfeift der Wind zum Festball der Gebeine!
Der schwarze Galgen heult wie einer Orgel Stahl!
Die Wölfe nahn zur Antwort aus dem Blau der Haine.
Am Horizont der Himmel ist rotes Höllenmal...

Hei, schüttelt diese Hauptleut' mir, die voller Tücken
Mit den zerbrochnen plumpen Fingern einen Rosenkranz
Der Liebe beten auf dem gleichen Grat der Rücken:
Kein Kloster gibt es, Abgeschiedne, hier des Lands!

Doch plötzlich in des Tanzes wilden Todesträumen
Bäumt sich ein toll Skelett zum roten Himmel auf.
Vom Taumel fortgejagt, wie sich ein Pferd mag bäumen,
Und, spürend noch am Hals des starren Seiles Knauf,

Krampft kleine Finger in des Schenkelbeins Geknacke
Mit Schreien, wie von höhnischen Gelächters Klang,
Dann prallt es, wie ein Clown zurückkehrt zur Baracke,
Vom neuem in den Ball zu der Gerippe Sang.

Am schwarzen Galgen, einarmig-lieber Geselle,
Tanzen, tanzen die Paladine,
Die magren Paladine der Hölle,
Die Skelette der Saladine.

- Arthur Rimbaud, nach (rim)

Ball (1) (2)

Ball. Hurenkreuzzug. Syphilisquadrille.
Eiert die Hirne ab, die Sackluden!
Mit diesen meinen Zähnen: zerrissen, zerbissen
Hundebregen, Männer-, Groß- und Kleinhirne:
selbst ihre Syntax klappert nach der Scheide.

Mich bauern Dorfglücke an: Kausaltriebe,
Ölzweige, stetige Koordinaten -:
Heran zu mir, ihr Heerschar der Verfluchten,
schakalt mir nach den eingegrabenen Samen:
Entlockung! Schleuderhonig! Keimverderb!

Ihr Stallverrecken, Misthaufen-Augenbruch,
verweste Blasen, Veilchenfrau-Verhungern,
ihr brandiges Geblüte - Kanalfischer,
heringsfängert ans Land
die Hodenquallen!

Finale! Huren! Grünspan der Gestirne!
Verkäst die Herrn! Speit Beulen in die Knochen!
Rast, salometert bleiche Täuferstirnen!

 - (benn)

 

Fest

 

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