alkonschwängerer  Der wichtigste Effekt beim Erleben oder Imaginieren der erotischen Lust in der Hoffnung und Absicht, davon zu erzählen, besteht genau darin, sie mitzuteilen und die Lustgefühle zu teilen. Nach diesem Effekt strebt übrigens jede Form erotischer Darstellung und erst recht die Pornographie; und in diesem Sinne sind Brancatis Figuren Pornographen. Mit einem »lokalen«, in unerschöpflicher, reicher Tradition stehenden Präzedenzfall wie Domenico Tempio, in dessen Versen eine Art physiologischer Petrarkismus verwirklicht ist, ein existentieller Voyeurismus.

Balkon, gefährlicher

Francesco Guglielmino (Professor für griechische Literatur und Verfasser von Liebesgedichten, den Brancati als »den vielleicht einzigen romantischen Dichter der Mundartdichtung« bezeichnet) stellte Verga gegenüber in einem Gespräch über die Sizilianer, sich selbst und Verga fest: »Wir sind Romantiker.« Worauf Verga entgegnete: »Von wegen Romantiker, mein Sohn: wir sind Balkonschwängerer.« Ein, wie man sagen muß, prägnanter Ausdruck. Auch Verga war ein »Balkonschwängerer« (man achte in seinen Briefen an die Gräfin von Sordevolo einmal darauf, wie er sich bei jedem Annäherungsversuch, den diese unternimmt, durchaus brüsk losmacht und entfernt, um die Verhältnisse wieder auf den Abstand zwischen Straße und Balkon zu bringen). Auch Guglielmino. Und auch Brancati: »Dieser Umstand, daß die Träume, die Gedanken, die Gespräche und selbst das Blut in einem fort von der Frau erfüllt sind, bringt es mit sich, daß ihrer Gegenwart dann niemand standzuhalten vermag.« Niemand. - Leonardo Sciascia, Mein Sizilien. Berlin 1995 (Wagenbach, 53. Salto)

 Mann Abstand Balkon Sizilianer

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Verbalerotiker
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