adesee
Als ich am See eingeschlafen war, nahm sie die Decke, auf der ich lag, und zog
mich langsam damit ins Wasser. Für einen Moment meinte ich zu schweben. Ich
machte die Augen auf und wusste nicht, ob ich noch weiterträumte oder schon
wach war, so ungewöhnlich war das Erwachen.
Selbst als das Wasser in meinen Mund drang, war ich mir noch nicht ganz sicher.
Damals schrieb ich eine an das Höhlengleichnis angelehnte Parabel. Es waren
Fische, die aus dem Wasser sprangen und immer nur viel zu kurz das sahen, was
an der Oberfläche lag. Wollten sie länger bleiben, um das unscharf Gesehene
zu erkunden, starben sie zwangsläufig. Zwei Jahre später besuchte ich sie noch
einmal. Wir fuhren mit ihrer sechs Monate alten Tochter zum selben See und gingen
dort zwei Runden. An der Stelle, an der sie mich damals schlafend ins Wasser
gezogen hatte, zumindest glaubte ich, den Ort wiedererkannt zu haben, hielt
sie das Kind mit beiden Armen hoch und drehte sich. Die Sonne rutschte über
den kleinen kahlen Schädel und fiel ins Wasser. Ich bückte mich nach einer Eichel
und zog ihr den Hut ab, der genau auf die Nasenspitze des Babys passte. -
(raf)
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