adehose
Um sein besonderes Einvernehmen mit Orli zu bekunden, reibt er seinen
Hinterkopf auf ihr, bohrt sich kreisend mit seinem Hinterkopf in ihren jungen
Bauch. Und sie streichelt ihren Buben. Der treibt seinen Kopf mahlend tiefer.
Sie holt sich diesen Kopf. Nimmt ihn sich richtig vor. Überfällt mit ihrem seinen
Mund, begräbt den unter ihrem. Er muß sich richtig herausarbeiten und diesen
schweren Lippenmund teilweise kleinbeißen und anständig durchkauen. Das kann
er natürlich nicht im Liegen. Dazu muß er über sie. Aber da läuten auch schon
die Mittagsglocken. Heute kein Bimbam, sondern hartes Peng-beng-peng-beng. Anselm
macht nicht gerade das Kreuzzeichen, aber er hört. Auf. Du mußt hungrig sein,
sagt er. Sie will zuerst noch, wenn es ihm recht ist, ins Wasser. Natürlich
mit ihm. Also rennt er, in der Radtasche dieBadehose zu holen. Und kann draußen
nicht einen einzigen der Blicke, die er auf sich gerichtet fühlt, als der Sieger
erwidern, der er sein wollte. Er schwitzt. Fürchtet Zurufe. Orli zieht sich
unter einem Bademantel um. Er wartet, bis er den
auch kriegt. Zum Glück wirft sich Orli voraus ins Wasser, zum Glück sind die
anderen Camper beim Essen, denn für Anselms momentanen Zustand ist seine Badehose
zu klein. Er würde sich sehr genieren so. Er hofft auf das kühlere Wasser. Umsonst.
Er muß auf dem Weg ins Zelt Orlis Mantel um sich schlingen. Jetzt muß er dazu
noch aufpassen, daß Orli nichts geschieht. In jedem Augenblick ist er bereit,
eine dreckige Bemerkung zurückzuweisen, einem zudringlichen Gaffer in die Magengrube
zu schlagen. Ihm ist, als habe er einen Goldtransport durch ein Gangsterviertel
zu leiten. Als jene lokale Erregtheit auch nach dem Essen nicht abflauen will,
kauft er sich rasch eine zweite Unterhose und noch eine zweite Badehose aus
straffem Stoff. Orli will wissen, was er unbedingt allein einkaufen mußte, er
sagt es ihr nicht. Und weil er sich nicht traut, mit einer Orli, deren er keineswegs
sicher sein kann, in einer scharfäugigen Ferienwelt aufzutreten, drängt er auf
einen Ausflug in die Wälder. - Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main
1966
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