adehaus In den Bädern verlockt eine Stimmung ganz anderen
Ursprungs zu gefährlichen Träumereien: ein doppelt mythisches Gefühl, das unausgesprochen
bleibt, aber sich durchsetzt. Einmal die Intimität an einem öffentlichen Ort,
was für ein mächtiger, wirkungsvoller Kontrast für den, der sie jemals gespürt
hat; und dann diese Lust am Kneten
und Quetschen, die den Sinnen eigen ist und sie
dazu treibt, jedes Ding seinem Zweck zu entfremden, es zu pervertieren,
wie es schön heißt. Schwer zu sagen, was hier den Anstoß gibt: welche Lust den
Klienten der Wasserheilanstalten als erste anwandelt. Sich ausziehen, gleich
unter welchem Vorwand, kann ein symptomatischer Akt sein. Oder ganz einfach
Unvorsichtigkeit. Ein Mann, der gewöhnt ist, sich völlig angezogen zu sehen,
dürfte sich, wenn er seinen Körper am hellichten Tag betrachtet, der mehr oder
weniger berechenbaren Gefahr aussetzen, dem Trieb, sich Lust zu verschaffen,
nicht widerstehen zu können. Die Bäder scheinen deshalb für körperlichen Verkehr
wie geschaffen und noch mehr für das unwahrscheinliche Abenteuer einer echten
Liebe. Wie absurd diese letzte Hypothese auch ist,
sie fesselt mich dennoch! Liebe auf den ersten Blick in einer Badewanne:
lacht nur,ihr wißt nicht,worüber ihr lacht. Alle Laszivität der Welt ist völlig
vergebens, weil die Begierden nicht synchronisiert sind. Die Möglichkeiten,
einander zu begegnen, sind schrecklich begrenzt; sei es, daß ich allein in meinem
Zimmer bin, daß ich schlafe, daß ich in Eile bin, stets müßte sich meinem ganzen
Wesen eine Erscheinung aufdrängen. Meine Freiheit, sieh nur, wie man mich in
deinem Namen einsperrt! Schließlich sind solche Orte so ruhig, daß man meinen
möchte, in einem anderen Land zu sein, in irgendeiner fernen Kultur, ach, sprecht
mir nicht von Reisen. Muß einem alle Phrenesie abgehen, wenn man in die Bäder
geht und nicht sogleich davon überzeugt ist, daß man sich da auf ein völliges
Rätsel einläßt! -
(ara)
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