Laïs
wurde Axine ("Streitaxt")
genannt. Dieser Beiname tadelte ihr ungestümes Wesen, aber auch,
daß sie viel Geld nahm, und zwar besonders von den Fremden, weil
die schneller wieder weg waren. - (
ael
)
Axt
(2) Billie stand stumm
neben dem weißen, emaillierten Elektroherd, ein doppelklingiges
Metzgerbeil schlagbereit über ihrer rechten Schulter und wartete,
daß Jodie in ihre Reichweite käme. Die Augen auf Grabschauflers
Revolver gerichtet, wich er noch einen weiteren Schritt zurück.
Billie traf mit ihrem Schlag seinen Unterarm, um die Messerklinge
von der angespannten Kehle des Mädchens fortzuschlagen. Sie spürte,
wie sie auf Knochen traf. Mit einer heftigen Reflexbewegung fuhr
Jodie herum. Sein rechter Arm war schlaff wie ein leerer Ärmel,
als das Messer auf die Fliesen des Küchenbodens klapperte. Mit
der Kante seiner linken Hand schlug er zu. Billie nahm den Schlag
über den Mund hin, während sie mit dem Beil noch einmal zuschlug,
ihn auf den Rücken gerade zwischen die Schulterblätter traf,
als ob sie einen Holzklotz spalte, und ihn mit dem Schlag in
die Knie warf.
Er riß den Kopf hoch und schrie: Mutterschän..
Sie legte ihr ganzes Gewicht in den nächsten Schlag und hackte die scharfe Klinge des Beils mit solcher Gewalt seitlich in seinen Nacken, daß er die Wirbelsäule durchtrennte und sein Kopf an einem dünnen Streifen Fleisch auf seiner Schulter baumelte. Das Schimpfwort stand noch auf seinen Lippen.
Blut schoß aus seinem Hals über das ohnmächtige Mädchen, als Billie das Beil fallen ließ, sie in ihre Arme riß und mit Küssen bedeckte.
Als ob das für Hank das Signal gewesen wäre, schwang er die schwarze Mündung seiner Pistole hoch, obwohl er wußte, daß er keine Chance hatte.
Ehe er sie von seiner Hüfte gehoben hatte, schoß Grabschaufler ihn mit seinem eigenen Revolver, den er in der rechten Hand hielt, durch das rechte Auge. Und während Hanks Körper von der Kugel, die in sein Gehirn schlug, zusammenzuckte, sagte Grabschaufler:
»Das ist für dich, Ed«, zielte genau mit Sargfüllers Revolver, den er in der linken Hand hielt, und schoß den sterbenden Mörder in das starrende linke Auge.
Im Haus brach ein Höllenlärm los. Imabelle schlüpfte unter Grabschauflers Arm hindurch und schoß auf die Tür zu. Gäste kamen in panischer Flucht aus den Zimmern in den schmalen Gang gestürzt.
Aber Grabschaufler war Imabelle bereits in den Gang gefolgt, drängte sie in eine Ecke und blockierte die Tür. Mit dem Lauf eines Revolvers schaltete er die helle Deckenbeleuchtung ein und stand mit dem Rücken gegen die Tür, einen Revolver in jeder Hand.
»Ausrichten«, schrie er mit scharfer, lauter Stimme, und dann, wie als Echo auf seine eigene Stimme, ahmte er Sargfüller nach: »Abzählen.«
»Und jetzt, kleine Schwester«, sagte er zu der eingeschüchterten Frau in der Ecke: »Wo ist Slim?«
Ihre Zähne klapperten so, daß sie kaum sprechen konnte.
»In dem Koffer«, stammelte sie. - Chester Himes,
Die Geldmacher von Harlem. Frankfurt am Main und Berlin 1962
(Ullstein Buch 860, zuerst 1959)
Axt
(3)
die äxte stehn im schuppen axt um axt wie ein scheues tier springt die stimme wir nahmen keine äxte vögel verkünden es die sonne hat ihren westlichen schuh der herzschlag der hirschgehege trägt uns |
- (
artm
)
Axt
(4) Diese Katze
bedeutete dem Knecht alles, er schlief mit ihr zusammen, und
eines Tages begann dieser Katze ein Kater nachzusteigen, und
die Katze mauzte und kam nicht nach Hause, und unser Hausknecht
war ganz fahl im Gesicht, er suchte sie, wo er ging und stand,
hielt immerfort Ausschau, wo seine Míla blieb. Unser Knecht führte
nämlich gern Selbstgespräche, und kam
ich mal an ihm vorbei, dann hörte ich, wie das Unglaubliche Wirklichkeit
geworden war... Ich entnahm diesem Selbstgespräch, daß er im
Gefängnis gewesen war, er hatte mit der Axt einen Gendarmen erschlagen,
der etwas mit seiner Frau gehabt hatte, und seine Frau hatte
er mit einem Strick verprügelt, so daß sie ins Krankenhaus gebracht
werden mußte, und dafür kriegte er fünf Jahre und saß sie mit
einem Verbrecher aus Zizkov ab, der sein Töchterchen nach Bier
geschickt hatte, und weil das Kind das Wechselgeld für fünfzig
Kronen verloren hatte, war er so in Wut geraten, daß er die Hände
seines Töchterchens auf einen Hauklotz legte und abhackte, und
das war ein erster Beweis, wie das Unglaubliche Wirklichkeit
wurde; der zweite Mithäftling wiederum war ein Mensch, der seine
Frau zusammen mit einem Vertreter erwischt und daraufhin die
Frau erschlagen hatte, er schnitt ihr die Schamteile heraus,
und der Vertreter mußte sie, unter der Androhung, mit der Axt
getötet zu werden, aufessen, worauf der Vertreter vor Entsetzen
gestorben war und der Mörder sich gestellt hatte, und so war
das Unglaubliche zum zweitenmal Wirklichkeit geworden, und das
drittemal, wie das Unglaubliche Wirklichkeit wurde, das war der
Knecht selbst, er hatte seiner Frau so sehr vertraut, daß er
dem Gendarmen, den er mit ihr erwischte, die Schulter mit der
Axt zerspaltete. Der Gendarm hatte ihm den Fuß kaputt geschossen,
und so hatte unser Hausknecht fünf Jahre bekommen, auf daß das
Unglaubliche Wirklichkeit werde...
Und eines Tages stieg der Kater der Katze des Knechtes nach,
und dieser quetschte ihn mit einem Ziegel an die Wand und zerhackte
ihm mit der Axt das Rückgrat, und die Katze fing an, über ihren
Kater zu jammern, doch unser Knecht rammte den Kater so fest
zwischen die Stäbe eines Gitterfensterchens, daß das Tier dort
zwei Tage lang verreckte, genau wie dem Gendarm war es ihm ergangen,
und der Knecht jagte die Katze davon, und diese lief auf der
Mauer hin und her, durfte aber nicht mehr nach Hause, und dann
war sie verschwunden. Vermutlich hatte der Hausknecht auch sie
totgeschlagen, denn er war überaus zart und empfindsam und demzufolge
penibel, und deshalb ging er auf alles gleich mit der Axt los
wie auf seine Frau und auf seine Katze, denn er war auf den Gendarmen
wie auf den Kater schrecklich eifersüchtig und hatte vor Gericht
bedauert, daß er dem Gendarmen nur
die Schulter zerhackt hatte und nicht den Kopf mitsamt dem Helm,
denn der Gendarm hatte mit Helm und Koppel und Pistole bei seiner
Frau im Bett gelegen... - Bohumil Hrabal, Ich habe den
englischen König bedient. Frankfurt am Main 1990 (zuerst
1971)
Axt
(5) Mein Vater
war der zelotischste, erbarmungsloseste und dabei feigste Pfaffe,
der mir in meinem Leben vorgekommen. Er hätte mich, sagte er,
aus Barmherzigkeit angenommen, damit ich für die Sünden meines
mir unbekannten Vaters Buße täte, denn er ahnte nicht, daß ich
insgeheim wußte, daß er es ja selbsten war. Und er hat mich zu
seinem Ministranten und Weihwedelbuben aufgezogen. — — —
— — Hernach befahl er mir, Buße zu tun und zwang mich,
im Hemd bei grimmiger Kälte Nacht für Nacht in der Kirche stundenlang
auf den steinernen Altarstufen zu beten ohne Unterlaß, auf daß
meinem »Vater« die Sünden vergeben würden. Und brach ich zusammen
vor Schwäche und betäubender Schlafsucht, dann griff er zur Geißel
und schlug mich bis aufs Blut. — — — Ein schrecklicher Haß stieg
damals in meinem Herzen auf gegen Den, der da gekreuzigt vor
mir hing überm Altar; und alsbald, ohne daß es mir klar ward,
wie das sein und von selbst geschehen konnte: auch gegen die
Litanei, die ich beten mußte, so daß sie sich in meinem Hirn
umdrehte und von rückwärts nach vorwärts aus meinem Munde kam,
— ich also die Gebete verkehrt sprach, was mir zugleich eine
heiße ungekannte Befriedigung in die Seele goß. — Lange merkte
mein Vater es nicht, denn ich murmelte leise vor mich hin, dann
aber kams ihm eines Nachts klar zum Erkennen, und da schrie er
laut auf vor Wut und Entsetzen, verfluchte den Namen meiner Mama,
bekreuzigte sich und lief um eine Axt, mich zu erschlagen. —
— — Ich kam ihm aber zuvor und spaltete ihm den Schädel bis zum
Kiefer, wobei ihm ein Auge herausfiel
auf die Steinfliesen und mich anstarrte von unten auf. Und da
wußte ich, daß meine verkehrten Gebete
hinabgedrungen waren zum Mittelpunkt der Mutter Erde, statt aufzusteigen,
wie die Juden sagen, daß es die Winselgebete derer Frommen tun.
— — Hab dir vergessen zu sagen, lieber Bruder, daß vorher
in einer Nacht mein eigen rechtes Auge erblindet war von einem
schrecklichen Licht, das ich urplötzlich vor mir gesehen, — mag
auch wohl sein, daß es von einem Geißelhieb meines Vaters getroffen
worden — ich weiß es nicht . — - Gustav Meyrink, Der Engel
vom westlichen Fenster. München 1984 (zuerst 1927)
Axt
(6) Der Krieg
in seinen höchsten Bestimmungen besteht nicht aus einer unendlichen
Menge kleiner Ereignisse, die in ihren Verschiedenheiten sich
übertragen, und die also durch eine bessere oder schlechtere
Methode besser oder schlechter beherrscht würden, sondern aus
einzelnen großen, entscheidenden, die individuell behandelt sein
wollen. Er ist nicht ein Feld voll Halme, die man ohne Rücksicht
auf die Gestalt der einzelnen mit einer besseren oder schlechteren
Sense besser oder schlechter mäht, sondern es sind große Bäume,
an welche die Axt mit Überlegung, nach Beschaffenheit und Richtung
eines jeden einzelnen Stammes angelegt sein will. - Clausewitz,
Vom Kriege. Nach: Dietrich Dörner, Die Logik des Mißlingens.
Strategisches Denken in komplexen Situationen. Reinbek b. Hamburg
1992 (rororo Sachbuch 9314)
Axt
(7) Ich glaube, man sollte
überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen
und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag
auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Damit es uns glücklich
macht, wie Du schreibst? Mein Gott, glücklich wären wir eben auch, wenn wir
keine Bücher hätten, und solche Bücher, die uns glücklich machen, könnten wir
zur Not selber schreiben. Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie
ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten
als uns, wie wenn wir in Wälder verstoßen würden, von allen Menschen weg, wie
ein Selbstmord, ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene
Meer in uns. - Franz Kafka an Oskar Pollak, nach: Jean-Patrick Manchette, Chroniques. Essays
zum Roman noir. Heilbronn 2005 (DistelLiteraturVerlag, zuerst 1996)
Axt
(8)
- Andrzej Pagowski
Axt
(9)
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