uto
In bezug auf ein lebendes Wesen kann man »mein« sagen,
nicht aber »ich«, wie wir es durch die symbolische Aneignung
der Funktionen und Organe des Autos
auszudrücken pflegen. Die Regression kann also nicht durchgeführt
werden: Wenn uns das Pferd als kräftige
Symbolfigur erscheint und dementsprechend sinnbildlichen Gehalt
hat (Fruchtbarkeit in den Paarungsspielen,
Weisheit des Zentauren,
einschüchternde Phantasmen eines Vaterbildes,
Ruhe des beschützenden Begleiters), so bleibt doch die Projektion
des »Ich« narzißtisch schwach und vereinfacht
gegenüber den Strukturelementen des Autos, denen auf Grund einer
verschwommenen Analogie Funktionen des menschlichen Körpers zugemutet
werden. Wenn eine symbolische Dynamik im Pferd aufscheint, dann
gerade in jener Beziehung, da die Identifikation mit den Einzelzügen
seiner Funktionen und Organe oder der Vollzug eines autoerotischen
»Gesprächs« ausgeschlossen ist. -
(
baud
)
Auto (2) Geschwindigkeit
war das Wesentliche; das Vergnügen, im Auto zu sitzen und immer
vorwärts durch den Raum zu jagen. Das
wurde ihm wichtiger als alles andere, wurde zu einem Hunger,
der um jeden Preis gestillt werden mußte. Nichts um ihn währte
länger als einen Augenblick, und da
ein Augenblick auf den anderen folgte, schien er selbst das einzige,
was weiterexistierte. Er war ein Fixpunkt in einem Wirbel
von Veränderungen, ein Körper, der vollkommen stillstand,
während die Welt durch ihn hindurchstürzte
und verschwand. Das Auto wurde
zu einem Heiligtum der Unverletzlichkeit, zu einer Zuflucht,
in der nichts mehr ihm etwas anhaben konnte. - Paul
Auster, Die Musik des Zufalls. Reinbek bei Hamburg 1996 (rororo
13373, zuerst 1990)
Auto (3)
Auto (4) Ein Übermensch stirbt nicht. Einem Gerücht
zufolge sei James Dean in Wirklichkeit durch den Unfall verunstaltet
worden und habe sich lange auf einer Farm in der Nähe von Los Angeles versteckt.
Ein ganzer Legendenkranz hat sich auch um seinen Porsche gebildet. Nach dem
Unfall wurde das Autowrack von dem Mann erworben, der den Wagen für Dean gepflegt
hatte: Als er ihn von dem LKW herunterholte, der ihn zurückgebracht hatte, versagten
die Bremsen. Einem Arbeiter wurden beide Beine zerschmettert. Der Motor wurde
danach an einen gewissen McHenry aus Beverly Hills, einen Liebhaber von Rennwagen,
verkauft: Selbstverständlich verletzte er sich wenig später bei einem Autorennen.
Als die Karosserie des Wagens, der James Dean gehört hatte, nach Salinas geschafft
wurde, also in jene Stadt, in die Dean an seinem Todestag fahren wollte, stürzte
diese Karosserie vom Anhänger des LKWs, weil der Fahrer scharf bremsen mußte:
Sie begrub ein weiteres Opfer unter sich und verursachte eine Massenkarambolage.
Dreizehn Jahre nach Deans Tod verschwand schließlich
der Wagen, als habe er sich in Luft aufgelöst. - Jean-Noël Kapferer,
Gerüchte. Das älteste Massenmedium der Welt. Berlin 1997 (zuerst 1987)
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