Ausrufezeichen    Manch einer hat, wir wollen es nicht verschweigen, den Verdacht gehegt, daß das oben erwähnte Zeichen nicht eigentlich ein Punkt sei, sondern Restbestand eines Ausrufezeichens oder Fragezeichens. Wir wollen daher folgendes festhalten: sofern wir geduldig ausharren bis zum Abschluß des Textes, werden wir ein gewaltiges Ausrufezeichen in Form eines Schlaraffenland-Maibaumes finden, behängt mit einladenden und üppigen Kapaunen, nach denen wir auf Zehenspitzen haschen dürfen, Zeichen und zweifelhafte und besondere Auszeichnung für gute Kommentatoren; aber auf anderes kann man nie, nie und nimmer hoffen: das Endresultat wird eine nebelige und umständliche Fragestellung sein, ein Kritzler, ein Laufknoten, ein Gebäude aus Explosionsstaub. Höchstens könnten die beiden Zeichen, das Ausrufe- und das Fragezeichen, sich zum Inzest zusammentun, behagliches Schaukeln und Drama durcheinandermischend, Festtagsspruch und Ellenbogenstöße, Scherz und Gegröl: komplex aber nicht unverständlich. All dies aber setzt voraus, daß wir Kommentatoren, mitsamt unserem Picknick-Köfferchen und der nunmehr ausgekühlten Thermosflasche dorthin gelangen, bis zum endgültigen Seitenrand des Textes; nichtiges Problem also und nicht minder nichtige Lösung. Wenn aber dieses Zeichen die Reliquie eines explodierten Ausrufezeichens wäre (wie es die Kurve des Kommas vielleicht andeutet), dann wäre aus der Explosion einer ursprünglichen Fragestellung die Antwort des Textes hervorgegangen; sofern nicht etwa jene Recht behielten, die im Punkt die Spur eines entlegenen Ausrufs sehen, den Hinweis auf einen archaischen, zu den Göttern erhobenen, unbesänftigten, vernunftvollen Vorhof des Heiligen.   - Giorgio Manganelli, Omegabet. Frankfurt am Main 1988 (zuerst 1969)
 

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