Auspendeln (2) Auf dem Weg zur Hinrichtung gingen die beiden Briganten Bellusci und Pinnolo nicht wie üblich. Sie liefen und rannten immer schneller, so daß die Wachen Mühe hatten, mitzukommen und die Priester außer Atem gerieten und nicht mitkamen. Die Hinrichtung fand neben einer Kirche statt. Bellusci sagte zu einem der Pfarrer: »Pater, ich möchte an der Mauer dieser Kirche erschossen werden.« »Das ist nicht möglich.«
»Dann möchte ich mich wenigstens noch einmal niederknien.«
»Das hängt nicht von mir ab.«
Bellusci war sofort tot. Pinnolo fiel zu Boden, redete aber noch mit sich selbst. Er erhielt den Gnadenschuß.
Nach der Hinrichtung lief sofort viel Volk zu den Toten und sammelte
die Kugeln auf. Die Piemontesen verstanden das nicht und dachten, die Leute
wollten die Kugeln als Andenken verkaufen. Sie irrten sich. Es ist ein
alter Volksglaube in Kalabrien, daß die Kugel, die die Brust eines zum
Tode Verurteilten durchbohrt hat, ein unfehlbares Mittel zur Heilung
von Koliken ist. Man muß das Geschoß nur an einem
Faden über dem Bauch pendeln lassen. -
Peter O. Chotjewitz / Aldo de Jaco, Die Briganten. Aus dem Leben süditalienischer
Rebellen. Berlin 1979
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