Ausnehmen (2) »Ah und gestern
hab ich die Anezka Tritt gehabt. Weißt du, das ist die kleine Polin, die wir
vor ein paar Tagen bei ›Peignen‹ beobachteten, Boulevard de Belleville . . .
Noch, noch, Henriette . . . Jack hat sie aufgespürt, als er die alte Flouche
abholte. Anezka wollte aus dem Klosettfenster springen. Das war ein guter Fang.
Nihilistin und Hure und Kupplerin und weiß der Kuckuck was noch alles in einer
Person. In der Präfektur schimpfte sie herrlich. Da kannst du mit deiner Gueulerie
einpacken. Sogar Lépine staunte. Ich war direkt ergriffen. Aber dann sprang
sie doch aus dem Fenster. Eine tolle Katze . . . Bitte hierher, Henriette, hierher
. . . War sofort tot. Aber glücklicherweise habe ich meine Beziehungen zum Lariboisière.
Gestern nacht war ich dort. Und so bekam ich mein Täubchen doch noch. Durch
den Leichendiener. Und noch was ganz Besonderes . . . Ah, so ists recht, Riette,
Riette ... So konnte ich sie ausnehmen. Mit diesen Händen da. Mit diesen Fingern.
Und haute den ganzen Salat in die Pfannen. Herrlich! Ah, es war . . . Aber nachher
hatte ich entsetzliche Angst wegen des Leichengifts, wie der Diener sagte. Ich
nahm sofort ein Sublimatbad. Zwanzig Francs! Billiger tat ers nicht, der alte
Falot. Schließlich, die Sache war es wert. Es war ganz herrlich!« - Walter Serner, Der berühmte Zedde. In: W.S., Der Pfiff um die Ecke.
München 1982 (dtv 1741, zuerst 1925)
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