usland Das
Hotel, in das ich geraten bin, ist hochgradig unwahrscheinlich.
Aus den komfortablen Hotels in Bombay und Goa werde ich in eine Herberge geschickt,
vor der Kipling aufgeschluchzt hätte: vor lauter Glück, meine ich; aber
ich bin nicht Kipling. Mehrere Dutzend Zimmer gehen auf eine lange Veranda;
die Flügeltüren sind mit Vorhängeschlössern abzuschließen. Die Zimmer dahinter
sind groß, die Betten in der Mitte, darüber riesige Ventilatoren; im Bad steht
eine archaische, ausgemergelte Badewanne mit Studienziel Katafalk. Die Klimaanlage
schaltet man vergeblich ein: aber auf den stillen, geschäftigen Ventilator ist
Verlaß; ein Sklave. Ich habe mich noch nie so im Ausland gefühlt wie in diesem
Zimmer: Die Gegenstände reden halblaut von Königin Viktoria und dem Radja von
Travancore; ein bizarrer, in die Länge gewachsener Schrank ist der Ansicht,
Gandhi sei ein Extremist. Hin und wieder tauchen feinfühlige, alte, verbeugungslustige
Domestiken auf, die einem tunlichst ihre Arbeitszeiten mitteilen, damit es ja
nicht vorkommt, daß man, sich im Inder irrend, das Trinkgeld einem anderen gibt.
- Giorgio Manganelli,
Das indische Experiment. Berlin 2004 (zuerst 1992)
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