ugen, schwarze Zum ersten Mal sieht er jetzt ihre Augen, als seien ihm, dem dabei doch so lang schon mit ihrer Geschichte Beschäftigten, diese bisher verschleiert gewesen, mitsamt der Farbe, die wiederum so gar nicht zu ihr paßt; oder doch! und wie!; nur eben nicht zu ihrer Herkunft und ihrem Land; aber was hatte das denn mit ihrer Geschichte zu tun?: ein unbeschreibliches Schwarz.
»Unbeschreiblich?« Wie konnte ihm, dem altgedienten Autor, nur solch ein
Wort unterlaufen? Und so versuchte er jenes Schwarz, wie immer zunächst und
vor allem für sich selbst, wenigstens zu umschreiben: Es war ein Schwarz, dem
kein noch so grelles Licht, auch nicht das jetzt der schräg über der brachen
Erdscheibe stehenden Wintersonne, etwas anhaben konnte. Nicht bloß hielten die
Augen der Abenteurerin der Sonne stand, sondern verleibten sich diese buchstäblich
ein - mag sein auch, indem sie, obwohl weit geöffnet, nicht, nicht und nicht,
austrockneten -, und strahlten die Strahlen verwandelt, und wie!, zurück. Ein
Schwarz wie das Schwarz der Augen des weißgewandeten Engels, der in dem Medaillon
den Finger seitwärts hin zum leeren Grab reckte? Nein! Wie erloschen erschienen
zwischendurch diese Augen, fast wunderbar erloschen; denn wie würden sie aufflammen,
wenn -. In alten Büchern stand für das Schwarz ihrer Augen: »Gagat« oder »Azabache«,
etwa pechrabenschwarz. Und nicht doch: das war kein Film. Das Kino hatte es
doch unmöglich gemacht, eine Farbe und ein Gesicht zu finden? Sie wurden geliefert,
in Großaufnahme? Außerdem hatte unsere Heldin, und am wenigsten in diesen Momenten,
gar keine Ähnlichkeit mit gleichwelchem Engel, eingeschlossen die gefallenen!
Das Schwarz da sog das Licht an; saugte es auf; schmeckte es; schmeckte es nach.
Das gesamte Gesicht, dann auch der Hals und die Schultern, waren in stillem
Schmecken begriffen, ohne Bewegung, ohne ein Beißen, Kauen oder Schlucken. So
wurde mit dem Tageslicht in gleicher Weise die Luft geschmeckt, der Fahrtwind,
die Himmel-und Bodenfarben. Und auffällig dem Autor auch - dem, wenn überhaupt
einmal etwas, in der Folge dann gleich noch und noch auffiel -, wie, über die
Augen hinaus, alle, sogar die kleinsten, unverschleierten und unbekleideten
Stellen an der Frau sich im Zusammenhang des sie umgebenden Lichts darboten;
sich als Lichterscheinungen spannten, höhlten und aufwölbten, auch wenn die
Dahinfahrende das Gesicht gar nicht empor, vielmehr eher gesenkt hielt. Sichtbar
jetzt auch die wie ewige Prellstelle an der Stirn, seit je an der gleichen Stelle.
Sichtbar auch ihre Dörflerin-Arbeiterin-Hände: kräftig war sie. Aber die körperliche
Kraft war nicht die ihre. Und dabei die vielen Narben an ihrem Leib. - Peter Handke,
Der Bildverlust. Frankfurt am Main 2002
Augen,
schwarze (2) Was hat sie nur diese großen Augen. Er
kann, so er möchte, die Augen aller Frauen seiner Familie betrachten, soweit
das Familienalbum reicht, das bis auf die Urgroßmutter zurückgeht, die sich
mit 93 das linke oder das rechte Bein brach. Niemand hat diese Augen, aus Afrika
mitgebrachte Augen, von einem arabischen Kupferschmied, den die Inquisition
zu Recht verbrannte, listig im Feuer geschmiedete Augen, als Fluch seinen Kindern
vermacht, daß die Flammen, die sie anzünden, auf ihren Besitzer zurückschlagen.
Nur die Augen, ist alles zu Asche verbrannt, sind so fest geschmiedet, daß nichts
ihnen etwas anhaben kann. Alle Kinder lsabels werden solche Augen als Mitgift
haben. Schwarz wie Arlecqs Brombeeren der
erfüllten und der unerfüllten Liebe. - Fritz Rudolf Fries, Der Weg nach Oobliadooh. Leipzig
1993 (zuerst 1975)
Augen,
schwarze (3)
In alter Zeit ward Schwarz nicht sehr geschätzt, Zum mindesten galts nicht für schön im Lande, Doch Schwarz ist aller Schönheit Erbe jetzt, Und Schönheit ward beschimpft durch Bastardschande; Denn seitdem man versucht, in fader Glätte Natur zu fälschen, Maskenkunst ihr leiht, Hat Schönheit Namen nicht noch heilige Stätte, Sie lebt in Schande, und sie ist entweiht. Darum sind rabenschwarz der Herrin Augen, Als hüllten sie in Trauerflor sich ein Um jene, die zur Schönheit nimmer taugen Und nun die Schöpfung schmähn durch falschen Schein. Doch ihre Trauer weiß so zu bestricken, Daß jeder spricht, so müßte Schönheit blicken. |
- Shakespeare, übersetzt von Therese Robinson
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