- Philip K. Dick, Die VALIS-Trilogie. München 2002
(zuerst 1981 f.)
Auge, drittes (2) Ich drehte Roman mit dem Fuß herum. Es war mir zuviel Mühe, mich zu bücken. Aus dem Halbdunkel blinzelte mich etwas an, und einen Moment lang glaubte ich, eines seiner Augen wäre geöffnet und er hätte sich nur totgestellt.
Dann wurde mir klar, daß ich ihn gar nicht getötet hatte. Das Loch
war gleich vor seinem Ohr, etwas zu abgelegen, um ein Auge sein zu können. Es
glänzte, als hätte ihm dort jemand feuchten Teer hingetupft. Seine eigene Leibwache
hatte mir die Arbeit abgenommen. - Cornell Woolrich, Der schwarze Pfad.
Zürich 1988 (zuerst 1944)
Auge, drittes (3)
-
Günter
Brus
, Die Gegennatur
Auge, drittes (4)
Auge, drittes
(4) Der Kopf liegt auf der Seite, so daß ich das Gesicht gut
sehen kann. Die offenen Augen sind starr auf mich gerichtet. Dazwischen ist
so was wie ein drittes Auge. Und genau deshalb sehen die andern beiden nichts
mehr. Eine Kugel, vorne rein, hinten raus, hat einen ziemlichen Schaden angerichtet.
Michel Issass hat ausgesungen, ausgespottet, nicht mal sprechen wird er mehr.
Vielleicht hat er sogar schon zuviel gesprochen. - Léo Malet, Spur ins Ghetto. Bühl-Moos
1986 (zuerst 1957)
Auge, drittes (5)
- Roland Topor
Auge, drittes (6)
- N. N.
Auge, drittes (7)
Auge, drittes (8) Mit einem Griff in die Falten ihres Gewands holte sie ein Auge hervor. Sie setzte sich das Auge mitten auf die Stirn, und es war kein Auge wie eins der unseren, mit Pupille, sondern wie das - das eine, das schlitzartige - Auge der Unsterblichen, und doch auch wieder nicht. Es hatte quer verlaufende Streifen, die sich aufeinander zu bewegten ... ich, von Stand und Schulung eines einfachen Priesters, habe keine Worte dafür, aber die Sibylle drehte sich zu mir um und sah an mir vorbei mit diesem Auge, und dann schrie sie so laut auf, daß die Mauern des Tempels erzitterten; Steine fielen und die Schlangen in den Tiefen der Felsspalten zischten. Sie schrie aus Bestürzung und Grauen über das, was sie sah, hinter mir, doch ihr seltsames drittes Auge blieb, wo es war, sie schaute weiter.
Und dann fiel sie, als schwänden ihr die Sinne. Ich stürzte vor, um ihr zu Hilfe zu kommen; ich berührte die Sibylle, meine Freundin, die große, liebreizende Freundin der Republik, als sie vornüber und in Ohnmacht sank vor Bestürzung über das, was sie tief in den Tunneln und Korridoren der Zeit vor sich sah. Denn es war dieses Auge, durch das die Sibylle sah, was sie sehen mußte, um uns beraten und warnen zu können. Und für mich war es offensichtlich, daß sie manchmal Dinge sah, die so entsetzlich waren, daß sie sie nicht ertragen und wir nicht damit fertigwerden konnten, sosehr wir uns auch bemühten.
Als ich die Sibylle hielt, ging etwas Eigenartiges vor sich. Ich sah inmitten der wirbelnden Gase Formen Gestalt annehmen.
»Du darfst sie nicht als real ansehen«, sagte die Sibylle; ich hörte ihre
Stimme, und doch, obwohl ich ihre Worte vernahm, wußte ich, daß diese Formen
tatsächlich real waren. Ich sah ein gigantisches Schiff ohne Segel oder Ruder
... Ich sah eine Stadt mit schmalen, hohen Gebäuden, überfüllt mit Fahrzeugen,
die nichts glichen, was ich je zuvor gesehen hatte. Und doch bewegte ich mich
auf sie zu und sie sich auf mich, bis schließlich die Formen hinter mich wirbelten
und mich von der Sibylle abschnitten. »Ich sehe dies mit dem Auge der Gorgonen«,
rief die Sibylle mir nach. »Es ist das Auge, das Medusa
hin und her reichte, das Auge der Geschicke - du fällst in -« Und dann erstarben
ihre Worte weg. Philip
K. Dick, Das Auge der Sibylle. In: PKD, Der Fall Rautavaara.
Sämtliche SF-Geschichten Band 10. Zürich 2000
Auge, drittes (9)
- N. N.
|
||
![]() |
||
![]() |
![]() |
|
![]() |
||
|
|
|
![]() ![]() |
![]() ![]() |