uf sich halten Mir war die Lust vergangen, im Schatten umherzuschlendern, und ich schritt eilig zur Handelsniederlassung. Als ich in die Nähe der Gebäude kam, begegnete ich einem Weißen in so unerwartet schmuckem Aufzug, daß ich ihn im ersten Augenblick für eine Vision hielt. Ich gewahrte einen hohen gestärkten Kragen, weiße Manschetten, ein leichtes Alpaka-Jackett, schneeweiße Hosen, eine helle Krawatte und polierte Schuhe. Keinen Hut. Gescheiteltes Haar, glatt gebürstet und ölig, unter einem grüngefütterten Sonnenschirm, den eine große weiße Hand hielt. Er wirkte geradezu ungeheuerlich und trug einen Federhalter hinterm Ohr.
Ich schüttelte dieser Wundererscheinung die Hand und erfuhr, daß der
Mann Hauptbuchhalter der Gesellschaft war,
und daß die ganze Buchhaltung in dieser Niederlassung von ihm erledigt
wurde. Er sei für einen Augenblick herausgekommen, sagte er, ›um etwas
frische Luft zu schnappen‹. Dieser Ausdruck klang einigermaßen absonderlich
wegen der Andeutung eines seßhaft geruhsamen Schreibtisch-Daseins. Ich
würde den Burschen nicht erwähnen, hätte ich aus seinem Munde nicht den
Namen jenes Mannes erfahren, der mit meiner Erinnerung an jene Zeit so
unlöslich verknüpft ist. Außerdem flößte mir der Bursche Respekt ein. Ja,
ich hatte Respekt vor seinem Kragen, seinen riesigen Manschetten, seinem
geschniegelten Haar. Natürlich wirkte er wie eine Friseurpuppe; doch hei
der allgemeinen Verwahrlosung hielt er auf tadellosen Anzug. Das nenne
ich Rückgrat. Seine blütenweiße Hemdbrust und seine gestärkten Kragen waren
eine Charakterleistung. Er war schon fast drei Jahre draußen; und bei späterer
Gelegenheit konnte ich mich nicht enthalten, ihn zu fragen, wie er es fertigbrachte,
solche Wäsche zu tragen. Er errötete kaum merklich und sagte bescheiden:
›Ich habe eine der Eingeborenenfrauen aus der Niederlassung unterwiesen.
Es war schwierig. Ihr war die Arbeit zuwider.‹ So hatte dieser Mann wahrhaftig
etwas geleistet. Er hing leidenschaftlich an seinen Büchern, die sich in
der allerschönsten Ordnung befanden. - Joseph
Conrad, Herz der Finsternis. Frankfurt am Main 1968
|
||
|
||