rtenschutz   Der Drache wohnt im fernen Norden. Drei Länder grenzen unmittelbar an ihn, Klaustrien, Lelipien und Laulattien. Nachdem ich mir die von den Nachrichtensatelliten aufgenommenen Fotos im Maßstab von 1 : 1 000 000 betrachtet hatte, mußte ich ihn für ein böses Ungeheuer halten.

Übrigens erinnerte er keineswegs an die Drachen aus den Legenden und Sagen. Ihr Drache hat keine sieben Köpfe, er hat gar keinen Kopf und auch kein Gehirn, auch keine Flügel. Was die Extremitäten anbelangt, herrscht Unklarheit, aber wahrscheinlich besitzt er auch keine Ghedmaßen. Er erinnert an einen riesigen Bergkamm, der reichlich mit geleeartigem Brunnenwasser übergossen wurde. Daß er ein lebendiges Tier ist, läßt sich erst bei einiger Geduld feststellen.

Bei seinen langen Verdauungsbewegungen berührt der Drache ziemlich oft die Grenzen Klaustriens und Lelipiens. Das Untier verschlingt pro Tag an die 1 800 000 Tonnen Lebensmittel. Es bevorzugt Breie, Gries und andere Getreideprodukte, ist jedoch kein Vegetarier. Die Nahrungsmittel liefern ihm die Vereinigten Staaten für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Großteil dieser Waren wird mit Zügen an die Umschlagplätze befördert, Suppen und Syrup werden in Rohrleitungen transportiert. Die Mundöffnung braucht man nicht zu suchen, denn dieses Ungeheuer ist imstande, mit jedem Zentimeter seiner Körperfläche Speise aufzunehmen.

Als ich nach Klaustrien kam und von dem Drachen erfuhr, war die erste Frage, die ich in den Mund nahm, warum sie dieses Untier mit so viel Mühe und Anstrengung ernährten, anstatt einfach abzuwarten, daß es an Unterernährung einginge. Ich biß mich aber auf die Zunge, als mich die Nachrichten von dem Anschlag auf den Drachen erreichten. Ein gewisser Leiipianer, von dem Wunschtraum besessen, als Erretter ganz Abrasiens zu gelten, hatte einen geheimen Kampfbund gegründet, um den gierigen Riesen umzubringen. Der Anschlag sollte durch die Vergiftung der Vitaminpräparate mit Substanzen verübt werden, die ein unbezähmbares Durstgefühl, den Drang, Ozeanwasser zu trinken, auslösen sollten, bis er zerplatzte.

Sogleich kam mir die bekannte irdische Legende von einem tapferen Helden in den Sinn, der den Jungfrauen verspeisenden Drachen seiner Heimat bekämpft hatte, und zwar, indem er ihm ein mit Schwefel gefülltes Bocksfell vorgeworfen hatte. Doch damit erschöpfte sich die Ähnlichkeit des irdischen Märchens mit der abrasischen Wirklichkeit auch schon. Der Drache genießt den Schutz des Völkerrechts. Außerdem werden die Lieferungen wohlschmeckender Speise von den Vereinbarungen über die Zusammenarbeit mit dem Drachen garantiert, die von 49 Staaten unterzeichnet wurden. - (lem)

 

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