Drsch, wunder  Überrascht worden war Gert P. nur durch zwei Vorgesetzte, die auf der Hinterbank des Kübelwagens die Frontfahrt begleiteten, und so schämte sich der Offizier, anzuhalten und sein morgendliches großes Geschäft zu verrichten. Das dauerte, mit Aufstreichen der Salbe auf die Hä'morrhoide, 10 - 15 Minuten und hätte in der Eile nicht funktioniert. Nicht die Eile des jugendlichen motorisierten Vcrbands, der Stolz der Truppe, sondern das hohe Tempo der Schamgefühle erschütterte die körperliche und im Gefolge davon die geistige Stabilität des Offiziers, so daß er spätnachmittags wie besinnungslos auf seinem »tief schmerzenden« Arsch saß in der Hoffnung, das Ende dieses Tages zu erreichen. Die innere Stauung vermasselte den Feldzug. Vor Tagen, Übergang über den Njemen, unterfuhr er den Geschoßregen einer an einem Waldrand aufgestellten Granatwerfergruppe. Es machte P. nichts aus, »sein Leben daranzusetzen«, weil »das in seiner Hand lag«, d.h., er brauchte nichts afs seinen Kopf, seinen Mut, ein geistiges schnelles Wesen, um sich und das Auto nach vorn zu werfen. Ganz anders dieser wunde Arsch, an dessen Ausgang ein blutgefülltes Gewebesäckchen (wie ein sperriger Geizhals, der den Geldumlauf stören will) die Sensoren bis ins Hirn hinein peinigte. Diesen Arsch konnte P. nicht wie gewohnt nach vorne werfen. Der Regimentsarzt, dem er sich Wochen nach der katastrophalen Frontfahrt, als sich Entzündungen gebildet hatten, und P. wegen einer Reihe von Nervositäten vor dem Feind seinen Posten verloren hatte, anvertraute, verstand ihn nicht ganz. Hatten Sie keinen Mut, das Fahrzeug anzuhalten, sich in die Büsche zu schlagen? Und was hätten die zwei hochgestellten Herren Offizierskameraden, erwiderte P., in den zehn Minuten Wartezeit, und dies während eines Eilmarsches der Kolonne, gemacht, was hätte ich ihnen sagen sollen?

Sie mußten sagen: Ich muß scheißen, einen Augenblick bitte, meine Herren. Das, meinte der Offizier, habe er nicht wagen können. Es sei nicht üblich in dieser Eorm, und wenn es geäußert würde (gegenüber Generalstäblern), ergänzte P., bezöge es sich auf etwa 1 Minute. In einer Minute aber kommt bei mir nichts. Zehn Minuten, ohne das Gefühl der Eile, sind das mindeste, sonst helfen auch 20 oder 30 Minuten in den Büschen nichts. Es ging also darum, faßte der Regimentsarzt zusammen, daß Sie kein Vertrauen hatten, etwas zu bewirken; selbst wenn Sie um eine Pause gebeten hätten, dieses Vertrauen in die Lage hätte gefehlt. So wars. P. war eingesperrt in den Kübelwagen, dieser gefesselt an den Vormarsch. Alles zusammen aber eingesperrt in den Kodex dessen, was für üblich galt. Es ist üblich, zu sterben oder sich durch einen Granatsplitter den Bauch zerreißen zu lassen, nicht aber, die Afteröffnung zu karessieren oder die Zeit für ein vertrauenswürdiges Geschäft abzuzweigen. Was haben denn die zwei höheren Begleitpersonen, fragte der Arzt, den ganzen Tag über gemacht? Gar nichts. Frontbesuch. Angeblich Studien. Sie haben sich auf den Hintersitzen des Wagens miteinander unterhalten. Die Gegend mit Ferngläsern betrachtet. Der Regimentsarzt hatte Mitgefühl mit dem jungen Kameraden, der wenige Tage später fiel.

Er hätte zum rechten Zeitpunkt scheißen müssen, rechtzeitig. Was die Artillerie des Gegners nicht vermochte, die die Kolonne in der Mittagszeit mit Sperrfeuer eindeckte, brachten die mitreisenden Generalstabsoffiziere im Fond des Kübelwagens zustande: sie brachen den Eigenwillen des Offiziers.   - (klu)

Arsch

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