rena Jetzt
stürmten die Hunde in die Arena, und das große Gemetzel begann. Die ersten Minuten
waren für sie berauschend. Sie drehten Hälse um, zerbrachen Genicke, zerschmetterten
Köpfe zu Hunderten. Es war ein Delirium für sie. Sie töteten und bellten; bellten
und töteten. Männchen und Weibchen verendeten oft unter dem gleichen Biß. Und
wenn sie ihre Opfer tot wähnten, so schüttelten unsere wackeren Kämpfer sie
noch hin und her wie ein Paar leere Handschuhe, ungefähr so, wie es kleine Hündchen
spielerisch treiben, wenn man ihnen einen alten Handschuh zum Zerbeißen hinwirft.
Dann fuhren sie mit ihrem Massaker fort. Doch es gibt keine Wollust, die
sich nicht schließlich erschöpfte. Allmählich ließ die Erregtheit der Hunde
nach. Waren sie die erste Viertelstunde Herren der Situation gewesen, so waren
sie es fortan nicht mehr. Ihr Gebell klang jetzt weniger triumphierend als kläglich.
Der Rückschlag setzte ein. Viele Hundeohren bluteten, an vielen Doggennasen
hingen ganze Trauben von Ratten. Es machte diesen Nagern nichts aus, wenn sie
hin- und hergebeutelt wurden, sie ließen nicht los, sie hielten fest, so fest,
daß sie ganze Hundemasken herausfetzten. Andere Hunde trollten sich heulend,
schleiften eine zerbissene Pfote hinter sich her, und wieder andere rührten
sich überhaupt nicht mehr! Der Rest verteidigte sich tapfer und ausdauernd.
Das Blättchen hatte sich also gewendet. Die Sache wäre für die Hunde sehr übel
ausgegangen, wären ihre Herren nicht mit geschwungenen Stöcken mitten in das
unübersichtliche Gewimmel und Gemetzel eingedrungen. Wie ungeheuer freuten sich
die Hunde über diese Verstärkung! Jetzt fanden sie ihre ursprüngliche Energie
wieder.
Unterdessen brach das Morgengrauen an. Man brauchte keine Fackeln mehr, um
zu sehen, was vor sich ging. Die Männer schlugen sich großartig, ebenso die
Hunde. Jeder Stockschlag vertrieb Rudel von Ratten, und die Hunde schnappten
sich, was an Ratten davonsauste. Andere Ratten wieder sprangen wütend auf die
Rücken der Hunde, liefen an den Männern hoch, die Hosenbeine hinauf, in die
Bärte hinein, auf die Schultern und in die Haare. Sie klammerten sich fest,
bissen in die Stöcke und brachen sich die Zähne daran aus. Etliche schnellten
gegen die Mauer und rannten sich den Kopf ein, offenbar wollten sie nicht klein
beigeben und sich lieber vor lauter Wut selbst umbringen - Ratten von antiker
Größe! Der Sieg kam den Menschen teuer zu stehen. Ein Duell mit ihresgleichen
hätte ihnen nicht ärger zusetzen können. Schweiß und Blut rannen ihnen von der
Stirn.
Das Fest war zu Ende. - Léon Gozlan, Balzac in Pantoffeln. München 1969 (dtv
602, zuerst ca. 1860)