rbeitskraft Hänschen
Alberti war Werkzeugmaschinenbauer. Ein Teil seiner Arbeitskraft, seines Lernfleißes,
steckte in Geräten der Kriegsindustrie 1943/45, z. B.: Erfahrung im improvisierten
Aufbau nach Zerbombung von Werkshallen. Es war jeweils so: Besichtigung durch
Luftgau, Partei, Werksleitung. Aber im Gefolge dieser Pulks: Albcrtis Arbeitstruppe:
Metzner, Schäfer, Pfeiffer, Peter Kühne usw. Berechneten die Besichtigcr, wann
die Wiederaufnahme der Kugellager-produktion in Aussicht genommen werden kann,
z. B.: in sechs Wochen, dann war nach Albertis Erfahrung schon nach zwei Wochen
etwas zu machen. Das war seine Bemühung.
Danach zog er 1946 nach Norddeutschland an die Küste. Ein Automobilwerk brauchte Zulieferungen, Werkzeuge, dann aber auch eigene Herstellung dieser Werkzeuge und Zulieferteile. Er entwickelte das tatkräftig. Später wurde das Werk aus Bankgründen geschlossen, verschrottet. Es waren aber 12 Jahre (1957!) von Albertis Arbeitskraft in Erfahrungen hier angelegt, wurden in die Winde zerstreut. Andere Automobilwerke arbeiteten bereits mit standardisierten Werkzeugen oder Bändern. Nichts zu tun für Alberti. Er bewarb sich bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm, und es war ein glücklicher Umstand, daß hier Werkstattarbeit benötigt wurde. Subtile Einzelfertigung für Satellitenteile, aber auch klassische Arbeit, z. B. eine besonders sichere Achterbahn, für das Oktoberfest - 5 Jahre Alberti, alles Einzel werke, nichts was die Standardisierung wegnahm. Doch eines der Projekte lief aus Förderungsgründen aus, Albertis Platz wurde eingespart. Er mußte die 5 Jahre zurücklassen, wurde im Baumaschinen-Sektor gebraucht, lernte also um. Nunmehr öfter schon müde.
Er ließ sich überreden, aufzusteigen. Abteilung Öffentlichkeit und Werbung, konnte hier seine Hände nicht gebrauchen, wohl aber Kenntnisse. Das empfand er als »Entfernung vom Gerät«. Es gehörten Ostreisen dazu. Die Firma verkaufte wissenschaftlich-technische Kenntnisse in fremde Eänder. Wer war das denn überhaupt hier? Alberti? Oder befindet er sich mit den verlorenen Zeitstücken irgendwo in der Vergangenheit? Verkauf der Firmen-Kenntnisse sah Alberti sowieso als Landesverrat51. Zurückgekehrt in die »Heimat«, saß dort ein Nachfolger, einer seiner »Schüler«.
Jetzt Textilforschung in Wuppertal. Aber die Großfirma, die in mehreren Ländern Sitze hatte, zu der das technische Institut, an dem er »forschte«, gehörte, befand sich in einer Unglückssträhne, er übersah das nicht. Was aber hätte er denn gespart, wenn er auf die Zeitgeschichte noch besser achtete? Er konnte ja seine Arbeit nur »ausgeben«, nicht »für sich behalten«. Das Unglück in der Textilmaschinen-Forschung war, daß frühere Konzernleitungen im Überschwang der 5oer Jahre ihr Wissen über die seidenähnlichen Kunststoffprodukte, aus denen rasch Kleiderfetzchen oder Hemden in Massen hergestellt werden konnten, in noch fernere Gebiete, als es der Baumaschinen-Sektor tat, veräußerten - Südamerika, Hongkong, Indonesien usf. Sie verließen sich auf Qualitätsproduktion, glaubten die Minderware aus der Dritten Welt nicht fürchten zu müssen. Niemand aber wollte mehr teure Qualitätsprodukte. Es war auch nicht sicher, ob die Qualitätsvorstellung mehr als eine Einbildung war. Die Maschinenforschung, an die sich Alberti gewöhnt hatte, wurde eingestellt.
Er hatte sich aber während der Kämpfe irn Betriebsrat bewährt, in die Industriegewerkschaft Chemie - Ortsverwaltung Wuppertal - hineingearbeitet. Also wurde er Schreibtisch-Unternehmer. Das soll der Könner Hänschen Alberti aus dem Jahre 44 sein? Das lag zurück. In manchen Kneipen war's noch Alberti. Siegen konnte er so nicht.
Er hatte den Eindruck, seinen dicken Hintern verbergen zu müssen, der sich
nach oben zu »abschottete«. Das schob er aufs Älterwerden. Sicher war, daß er
in diesem Apparat nicht eingespart wurde. Aber er fühlte sich durch die vorangegangene
Zeit »auseinandergenommen«, als wären es herumliegende Stücke von Maschinenteilen,
die weder zum Maschinentyp A noch zu dem Modell B oder auch nur halb zu irgend
etwas Passendem sich zusammensetzen ließen. Er machte Sport. Manchmal mit halbem
Herzen, manchmal ergriff es ihn. Dann bildete sich am Hals und oberen Rücken
ein Muskelpaket, das die Blutzufuhr zum Hirn abschnürte. Ein Unnütziger
muß sich sichern. Aber doch nicht durch Muskeln! Er hätte sich gern darüber
ausgestöhnt. Die Kameraden, mit denen er verbunden war, lagen verstreut, »angeheftet
an Zeiten und Orte«, an denen er seine Arbeitskraft gelassen hatte. Mit einer
Werkzeug-Maschine durfte keiner so umgehen. Die wäre hin. Bloß nicht nachgeben,
sagte er sich.
- (klu)
Arbeitskraft (2) Sommer 2032, Arcturus-Sektor Sie haben verzweifelt gearbeitet. Jetzt stehen sie vor dem Nichts. Sie werden aus den Diensten der Flotte entlassen. Ingenieure mit Spitzenqualifikation und hohen Kriegsauszeichnungen, noch vor einigen Jahren unabkömmlich, sind froh, einen Posten als Hilfspilot zu ergattern.
Abb.: Die »wertvollen« Teile des Menschen, die in beliebigem Maße seitlich verlagert, in ihrer Kombination verändert bzw. einzeln oder insgesamt ersetzt werden können. Nach Prof. Meixner. |
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Die plötzlich um den Wert ihrer Arbeit gebrachten Ingenieure - eben noch verfügten sie über planetenweite Industrien, Kommunikationsnetze bis zu 3 oder 4 Parsec, jetzt sitzen sie ohne Altersversorgung in einer Kabine von So x 120 cm und versuchen, Sonnenleuchtfeuer anzuvisieren - reagieren völlig unterschiedlich. Einige versuchen Aufstände und werden erschossen; andere üben Sabotage an den Geräten und Schiffen, wenn sie sich unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt fühlen, sie werden entlassen. Die Mehrzahl arbeitet nach dem Satz: »Je depressiver die Lage, um so vollständiger die Werte verwursten« - um so einen Teilgewinn für sich selbst einzubringen. Zu den letzteren gehört Prof. Chefingenieur Meixner, der 2036 sein Institut für Arbeitsökonomie und Zeitforschung begründet hat.
Einige der älteren Wirtschaftsführer nahmen an, daß zusätzliche Schweißauspressung nach Prof. Meixner die Menschen zur Abstumpfung bringt. Sie sagten deshalb: »Arbeitsökonomie macht sie weniger aufsässig.« Dagegen ging
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Abb.: Mutative Veränderung der menschlichen Hand (Natur). |
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Abb.: Grundstellung des Menschen nach dem arbeitsokonomischen Verbesserungsmodell von Prof. Chefingenieur Berthold Meixner. |
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Abb.: Arbeitsökonomische Verwertung einer mutierten Hand im Sinne der Verbesserung der menschlichen Hand zu einem wirksamen Arbeitswerkzeug. Nach Prof. Meixner. |
Prof. Ing. Meixner von der »Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte,
also Entwicklung des Reichtums der menschlichen Natur als Selbstzweck« aus.
Bis zu seinem Lebensende - er fiel einem Attentat zum Opfer - blieb Prof. Ing.
Meixner ein hoffnungsfreudiger Mensch. -
(klu)
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