Arbeit, große   Wilhelm ist Ingenieur. Er erzählt von einem Menschenopfer:

- In der Baixa do Tubo gibt es vielleicht hundert kleine Candomblés. Früher wagte sich nicht einmal die Polizei da hinein.

Die Leute pflanzten Marihuana in ihren Hausgärten an. Als das Katasteramt dort Erhebungen anstellen wollte, wurde ich gefragt, ob ich mich hinuntertrauen würde. Ich habe zugesagt. Zuerst sahen mich die Leute finster an und ich fürchtete, jeden Augenblick ein Messer zwischen die Rippen zu bekommen. Aber allmählich gewöhnen sie sich an mich und ich habe noch immer einige Freunde dort.

68 wurde was gemunkelt von einer grossen Arbeit, die der Gott Ogum gefordert hätte. »Grosse Arbeit« kam mir komisch vor. Ich ging also bei meinen Bekannten rum und fing an, nach dem nächsten Fest von Ogum zu fragen. In der Baixa do Tubo liegen fast nur Candomblés, die Ogum geweiht sind. Ich kriegte nichts raus. Einer meiner Bekannten hatte Trouble wegen seines Autos. Ich sagte, ich würde ihm helfen, wenn er mir sagen konnte, wann und wo das Fest für Ogum stattfinden sollte. Erst wollte er nicht. Schliesslich zeigte er mir einen kleinen Candomblé und nannte mir das Datum für das Fest.

Ich komme abends hin. Nur Männer, die mich so ansehen, dass ich es mit der Angst kriege und nicht mehr glaube, da wieder lebendig rauszukommen.

Mein Bekannter stellt mich einem Bekannten vor. Der geht mit mir weg und führt mich stundenlang spazieren. Wir sprechen vom Wetter und so weiter. Mit einem Mal sagt er: »Wollen Sie die Arbeit für Ogum sehen?« Er stö'sst eine Tür auf. Da liegt die Leiche eines etwa i4Jährigen Jungen. Das Gesicht unter einem Lappen. Von den Hüften abwärts alles voller Opfertiere. Nur die Brust ist unbedeckt. Rechts und links am Brustkorb tiefe Einschnitte. Wie haben sie den Jungen getötet? Vergiftet? Kastriert? Oder durch einen Schnitt an der Gurgel? Ich war so aufgeregt und es dauerte nur einen Augenblick und die Tür war wieder zu und dann achtete ich vor allem darauf, selbst wieder lebend da rauszukommen. Ich hatte gehört, dass Ogum nicht nur eine grosse Arbeit verlangt hatte, sondern auch: Das Opfer musste in einer belebten Favela morgens auf die Strasse gelegt werden. Ich bin jeden Morgen hin und plötzlich, ich weiß nicht wie, lag der Junge an der Kreuzung - bedeckt von Blumen und Opfergaben. Dort hat die Polizei ihn gefunden.

Alle Pais und Mäes der Umgegend wurden verhört.

Man hat nichts rausbekommen.

Vielleicht hatten die Polizisten selbst Angst vor Ogum.

Zwei Jahre später - Weihnachten 70 - lag an derselben Stelle ein geopferter Säugling.   - (xan)

Arbeit

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