ppetit  Einstmals, nach einer heftigen schlacht, bei der gleichsam freund als feind verloren hatte, zog von der stadt Pampelune her durchs gebürg ein ruhmbedeckter husar. Dieser, nachdem er sein bestes getan, wollte nun hinüber ins Tyrol. Dort dachte er die reliquien seines alten regiments zu finden und unter solchen hoffnungen trieb er seine stiefel tapfer bergab dem tale zu. Letztlich aber kam ihn, da der weg überhaupt kein end mehr zu nehmen schien, ein aus der maaßen gewaltiger hunger an und er sprach bei sich; »In dieser öden einschicht ist wahrlich nichts andres zum reißen und beißen da, denn almenrausch und ungekochter entzian! Aber was nützt mir schon eine nahrung, die bitterer als mein hunger und seit erschaffung der welt allein dem ohnvernünftigen tier zugedacht?«

Wie es jedoch ein gütiger geyer will haben, begegnet dem hungrigen husaren ein dicker, fetter mönch, der trägt einen rucksack voll schöner rauchwürste und hat so weidlich eingepackt, daß noch ein großer zipfel des vortrefflichen Inhalts oben herauswinkt. Sicher denkt jetzt der schlechte kuttenbock, wie er die guten rauchwürste in sein kloster bringen wird, seinen mitkuttlern in spirito zum morgenbrod und zum abendrot; reichen wol nicht alle täubchen aus, wann man V bis VI mal am tage mahlzeitet!

Solches entgeht folglich nicht dem entschlossenen husaren, und, seiner recognoscierung den angriff an den schwanz knüpfend, tritt er auf den willkommenen proviantmeister zu, erweist ihm eine militärische reverenz und spricht: »Errwürrdiger vater, ihr werdet, wie es mich deucht, alle diese vortrefflichen wurste nicht allein brauchen und die Zeiten sind schwer. Wann ich aber meinen eigenen notenstand betrachte und nebenher die höhe dieses wüsten gebürgs überdenke, so will ich weder gegen euch, der ihr unter solchen lasten dahinzieht2, noch gegen mich, dessen fröhlicher appetit, was ihr schon aus der entfernung gehört haben müßt, wie der magen eines wolfs ums neu jahr knurrt, so ohnbarmherzig sein!«

»Was hat dein appetit mit meiner last zu schaffen?« sagt der dicke klosterbruder und will seinen weg fortsetzen. »Ich meine«, antwortet der husar, »wir wollen, weils grad nicht anders sein mag, das feine stücklein, so aus eurem rucksack herauswinkt, abkastrieren!« Der schlechte fettwanst aber, neidiger denn ein moskoviter hemdkragen, erwidert: »Wie sollt ich dir von diesem kärglichen proviant noch etwas abzwicken? Wir sind ein blutarmes kloster und die wurst, so du in meinem rucksack erblicktest (ein hautübler geyer wollts haben), ist für nicht weniger denn CC hungernde mitbrüder in spirito gedacht, die damit VII wochen müssen auskommen!«

Da packt der gute husar den mönch am ärmel. Beginnt dieser wieder: »Da schau her, ich kann dir wirklich nichts abzwicken. Aber ich mag dich nicht ohne allem fortsenden! Hier: Meinen segen für deine weiteren atraßen und gassen sollst du haben! Zieh also in frieden!«

Ein tapferer husar kann sich jedoch mit dieser teilung nicht abfinden und spannt andre satten auf: »Ihr habt«, ruft er grimmig, »einen viel zu feisten nacken, errwürrdiger vater, als daß ich euch euer ohnzeitiges dominicanerlatein von fasten, blutarmut und CC kuttenbrüdern wollt glauben. Gebt mir gutwillig den zipfel und der teufel wird euchs lohnen!«

Spricht der andere: »Ich bin eine geistliche person, daß dus weißt, und eine solche muß man, auch ohne wurst dafür zu kriegen, in frieden lassen. Heb dich sogleich hinweg, wofern du nicht von ewigkeit zu ewigkeit in der höllen willst braten!«

»Wie, verschnittener schnarpfhahn«, schreit der edle husar, »wolltest ein geistlicher mann sein und wolltest trotzdem keinen hungrigen nicht speisen? Darbet seh ich so viel kranz wurst in deinem buckelsack, daß man ein stark regiment damit könnt fouragieren! Selber wirst du dafür in der höll schmoren, weil du dem scharfen befehl Gottes, die hungrigen zu speisen, nicht wolltest nachkommen! Aber dennoch — meinetwegen sollstu nimmer zum teufel fahren!«

Der behende husar sagts, erwischt mit sicherem griff den rucksack, tut die wurst gleich auf der straße auseinander und mißt sich kurzum mit dem säbel III ellen ab. Wären zu ebener erd wol deren VIII gewesen, aber im gebürg sehen manche sogar die meilen kürzer. Darauf wickelt er seinen ehrlichen anteil um den hals, beißt zur probe fest ab und marschiert los.

Im marschieren schnabeschnabelieren
Darf den kriegsmann nicht genieren!

 - (hus)

Appetit (2)  Myrtle Macpaisley war eine verwelkte, grauhaarige Frau mit dürren Hängebrüsten und einer schwammig-ausufernden Figur, die sich ihren Appetit auf einen guten Fick bewahrt hatte. Sie war berühmt für ihre stolze und schamlose Prahlerei, ihr Mann könne »wie ein Nigger vögeln«. Es ist jedoch äußerst zweifelhaft, daß Mrs. Macpaisley jemals die Gelegenheit hatte herauszufinden, wie ein Nigger vögelte.- Chester Himes, Plan B. Berlin 1994 (Alexander Verlag, zuerst 1993)

Appetit (3)

"Formicula"

- Formicula

Hunger
Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
Verwandte Begriffe
Schwartenhals
Synonyme