pfelsine
Prévot hatte unter den Trümmern noch eine Apfelsine entdeckt, und
dieses unverhoffte Wunder teilten wir uns jetzt. Ich war völlig aus der Fassung,
so wenig es für Leute war, die zwanzig Liter Wasser brauchten. Ich ruhte neben
dem Lagerfeuer und sah mir die leuchtende Frucht an. Die Menschen wissen nicht,
was eine Apfelsine ist! Weiter und weiter flogen die Gedanken: Wir sitzen hier,
zum Tode verurteilt, und doch verdirbt mir diese Gewißheit nicht den Genuß.
Diese halbe Apfelsine in meiner Hand ist eine der größten Freuden meines Lebens.
Ich lege mich auf den Rücken, ich lutsche meine Frucht aus und zähle die Meteore,
Für diese Minute bin ich restlos glücklich. Man kann die Welt nur nach dem verstehen,
was man erlebt. Jetzt erst begreife ich die Zigarette und den Kognak des zum
Tode Verurteilten. Vorher wollte es mir nicht in den Kopf, daß er diese Lappalien
annimmt und sichtlich mit Genuß verzehrt. Man sieht gewöhnlich ein Zeichen von
Mut darin, daß er lächelt. Dabei hat er nur gelernt, die Welt anders anzusehen,
und macht sich aus seiner letzten Stunde noch ein Stückchen Menschenleben.
- Antoine de Saint-Exupéry, Wind, Sand und Sterne.
Düsseldorf 1976 (zuerst 1939)
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