Liebesantrag Lass uns mit dem Feuer spielen, Menschenherzens wilde Bestien, Lass uns das Getier versammeln, |
Antrag (2) Sie war einen Kopf kleiner als Yolanda, und das kurz geschnittene Haar verlieh ihr das Aussehen eines flaumigen Eis mit Wimpern.
»Ich liebe dich, Yolanda ... Ich will, dass du meine Frau wirst. Du kannst bei mir wohnen und zu all meinen Lesungen gehen. Wir werden reich sein.«
»Ich habe einen Sohn, Marcelline. Er ist fünf.«
»Ja, weiß ich. Die Direktorin lässt mich die Akten lesen. Er heißt Benjamin. Und solange du im Knast bist, lebt er in einem Pflegeheim. Ich kann für seinen Unterhalt aufkommen, Yolanda.
Ich kann ihn auf einer guten Schule unterbringen. Ich habe die nötigen Beziehungen. Vertrau mir.«
»Aber ich liebe einen Mann«, erwiderte Yolanda. »Er sitzt zur Zeit in Green Haven.«
»Vergiss ihn«, sagte Marcelline. »Der bringt's nie zu was.«
Ihre Männer waren ohne Ausnahme Knastvögel gewesen. Yolandas aktueller
Verlobter hatte sie die Kunst des Banküberfalls gelehrt. Sie liebte ihn
nicht. Das war also eine Lüge. Aber Marcelline sollte nicht denken, sie
sei ein verirrtes Küken, das sich einfach so einspannen ließ und eine Konkubine
der Hell Sisters wurde. Marcelline hatte sagenhaft
muskulöse Oberarme unter dem Hawaiihemd, das sie in Harrington Hills trug,
aber weibliche Muskelpakete übten auf Yolanda keinen besonderen Reiz aus.
Müsste sie ihr ganzes weiteres Leben in einer Welt ohne Männer verbringen,
hätte sie sich vielleicht eine Chicita gesucht, die groß und schlank war,
aber bestimmt keine muskelbepackte Dichterin,
die ständig prahlte. - Jerome
Charyn, Der Tod des Tango-Königs. Zürich 2000 (ut metro 180, zuerst 1998)
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