nthroposoph  Der Anthroposoph hat Visionen. Lächelt, streckt den Zeigefinger in die Luft und stampft mit schwerem Schritt durch den Korridor, tagaus, tagein. Dann unterbricht er seine Tour, kommt sehr höflich und bittet um einen Bleistift. Notiert eine Idee. Dann lächelt er wieder, streckt den Zeigefinger in die Luft und stapst seinen Korridorschritt tagein, tagaus weiter. Er muß in die Provinzialanstalt gebracht werden. Es kann ein Jahr, zwei, drei Jahre dauern, bis bei der Arbeit in Garten und Feld das Lächeln aufhört und die Visionen verschwinden.  - Johannes Baader, Menschliche Menagerien. Siegen 1989 (Vergessene Auroren der Moderne XLII, Hg. Karl Riha)

Anthroposoph (2)  Über die Anthroposophen und Rudolf Steiner gehen dunkle Gerüchte um. Es gibt da einen Mann, der zwischen Ascona und Ronco wohnt, oben am Berg, Heinrich Goesch heißt er. Früher war er bei Steiner, hat sich aber von ihm losgesagt, denn Steiner treibt schwarze Magie. Am Tag, an dem Goesch, der im Kreise der «Eingeweihten» um Steiner verkehrte, sich von diesem Kreise lossagte, geschahen einige sonderbare Dinge. Goesch fühlte einen unerträglichen Druck im Kopf, reiste am gleichen Tage von Basel ab, wo Steiner sich damals befand. In Ascona angekommen, lag Goesch ganze drei Tage bewußtlos: er behauptet, dies sei einer Fernwirkung des Steinerschen Kreises zuzuschreiben. Eine Warnung . . . Goesch hatte ein vierjähriges Töchterchen, das ein wenig zurückgeblieben war, aber doch schon ganz ordentlich sprach. Ein paar Wochen nach seinem kataleptischen Anfall geht Goesch mit seinem Töchterchen in Zürich über die Straße. Sie begegnen Steiner. Der Meister bleibt stehen, macht Goesch Vorwürfe über seine Angriffe gegen die Theosophie. Während er spricht, legt er die Hand auf den Kopf des kleinen Mädchens. Das Kind wird unruhig, seine kleine Hand verkrampft sich in der Hand des Vaters. Goesch verabschiedet sich von Steiner. Seine kleine Tochter hat die Sprache verloren, sie ist stumm, bringt nur noch ein mühseliges Lallen hervor. «Das war Steiners Rache», erzählt Goesch, ein imposanter Mann, mit glattem Cäsarengesicht, äußerst lebendig, voll neuer Ideen. «Letzthin hat er noch einmal versucht, mir nahezukommen. Wissen Sie noch, vorige Woche, am Donnerstag glaube ich, ging doch in der Nacht ein schweres Gewitter nieder. Am Abend war ich unruhig. Irgend etwas war in der Nähe, ich spürte den Einfluß nur allzudeutlich, ein Gesandter der bösen Mächte war unterwegs. Ich nehme die Stellung ein, die die Ägypter ihren Königsstatuen gegeben haben. Die flachen Hände auf die Schenkel gelegt, die Ellbogen eng am Körper. Kurz, ich mache mich selbst zum magischen Spiegel. Da seh ich ganz deutlich den Abgesandten der großen Loge, der mein Haus sucht. Natürlich konzentriere ich mich und führe ihn in die Irre. Es war nicht schwer, denn mein Haus ist ohnehin nicht leicht zu finden. Gegen ein Uhr schlafe ich ein. Am nächsten Morgen erscheint wahrhaftig ein Abgesandter der schottischen Geheimloge und erzählt mir, er sei die ganze Nacht in der Gegend umhergeirrt, obwohl die Leute ihm deutlich den Weg beschrieben hätten. Er sah aus.. . Aber ich hatte ihn unschädlich gemacht. Seine Macht war gebrochen. Ja, der magische Spiegel ist unsere einzige Rettung.«  - Friedrich Glauser,  Dada, Ascona und andere Erinnerungen. Zürich  1976
 
 

Philosoph Menschenkunde Id genus omne

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe

Synonyme