Ihr all, sag ich noch einmal, verstaht mich wol, solt sampt und sonders
hie sein meine liebe Schulerkindlein, euch wil ich zuschreiben diß mein
fündlein, pfündlein und Pfründlein, euer sey diß Büchlin gar mit haut und
haar, weil ich doch euer bin so par, Euch ist der Schilt außgehenckt, kehrt
hie ein, hie würd gut Wein geschenckt: was lasset
ihr lang den Hipenbuben vergebens schreien? Ich kan euch das Hirn
erstäubern, Geraten ihr mir zu Zuhörern, so wird gewiß dort die
Weißheit auff der Wegscheid umbsonst rufen.
- (
fisch
)
Anrede (2) Wir möchten dem Leser, den wir uns
nicht nur wohlwollend vorstellen, sondern moralisch mitbetroffen oder gar
mitverschworen in dem halb lästerlich-müßigen und entspannenden Unterfangen,
diesen Text vernunftvoll zu lesen — wir möchten ihm also nicht verhehlen,
welche generellen und spezifischen Schwierigkeiten sowohl der gedrängte
und kompakte Korpus mit dem Hang zu auseinanderstrebenden, demokratischen
Analysen, wie auch die einzelnen Gliederungen und Glieder in ihrem Hang
zu dienstfertiger Unterwerfung unter die prunkvolle Hierarchie der Synthese
bieten. Weitschweifige Rechtfertigung, in der Tat, und durchaus unaufrichtig:
die enthüllt, oder vielmehr verbirgt?, die rechtfertigt, wo sie nicht anzeigt,
die nur streift, wo sie nicht mittels Judensternchen hervorhebt, nämlich
die verdrossene Ungeduld, die eilige Melancholie, die verstockte Schamlosigkeit,
die bornierte Gelehrsamkeit des Hochmuts, die albern-elegische Mattigkeit
des unfähigen Wortstopplers: Narren-Parnaß, Opferstätte
ärgerlicher Tränen und unaufrichtiger Gebete zu bavenden Musen, die schlückchenweise
vom verhexten Musenquell und Kamillen-Hymettus schlürfen, Eutherpen mit
Zungenfehler und gichtige Thalien. - Giorgio Manganelli, Omegabet.
Frankfurt am Main 1988 (zuerst 1969)
Anrede (3) An den Curiösen Leser: Ich bin der Tebel hohlmer ein rechter Bärenhäuter, daß ich meine warhafftige, curiöse und sehr gefährliche Reise-Beschreibung zu Wasser und Lande, welche ich schon eine geraume Zeit verfertiget gehabt, so lange unter der Banck stecken lassen und nicht längstens mit hervor gewischt bin. Warum? Es hat der Tebel hohlmer mancher kaum eine Stadt oder Land nennen hören, so setzt er sich strackss hin und macht eine Reise-Beschreibung zehen Ellen lang davon her! Wenn man denn nun solch Zeug lieset (zumahl wer nun brav gereiset ist als wie ich), so kan einer denn gleich sehen, daß er niemahls vor die Stuben-Thüre gekommen ist, geschweige, daß er fremden und garstigen Wind sich solte haben lassen unter die Nase gehen, als wie ich gethan habe. Ich kan es wohl gestehen, ob ich gleich so viel Jahr in Schweden, so viel Jahr in Holland, so viel Jahr in Engelland, auch 14 gantzer Tage in Indien bey den grossen Mogol und sonst fast in der gantzen Welt weit und breit herum gewesen und so viel gesehen, erfahren und ausgestanden, daß wenn ich solches alles erzehlen solte, einen die Ohren davon weh thun solten. Ich habe aber Zeitlebens kein Geprahle oder Aufschneidens davon hergemacht — es wäre denn, daß ichs bisweilen guten Freunden auf der Bier-Banck erzehlet hätte. Damit aber nun alle Welt hören und erfahren soll, daß ich nicht stets hinter den Ofen gesessen und meiner Frau Mutter die gebratenen Aepffel aus der Röhre genascht, so will ich doch nur auch von meiner manchmal sehr gefährlichen Reise und Ritterlichen Thaten zu Wasser und Lande, wie auch von meiner Gefangenschaffi zu Sanct Malo eine solche Beschreibung an das Tagelicht geben, deßgleichen noch niemals in öffentlichen Druck soll seyn gefunden worden, und werden sich die jenigen solche vortrefflich zu Nutze machen können, welche mit der Zeit Lust haben, frembde Länder zu besehen. Solte ich aber wissen, daß dasselbe, welches ich mit grosser Mühe und Fleiß aufgezeichnet, nicht von iederman geglaubet werden solle, wäre mirs der Tebel hohlmer höchst leid, daß ich einige Feder damit verderbet; ich hoffe aber, der Curiöse Leser wird nicht abergläubisch seyn und diese meine sehr gefährliche Reise-Beschreibung vor eine blosse Aufschneiderey und Lügen halten, da doch beym Sapperment alles wahr ist und der Tebel hohlmer nicht ein eintziges Wort erlogen.
In übrigen werde ich gerne hören, wenn man sagen wird: Dergleichen Reise-Beschreibung habe ich Zeitlebens nicht gelesen; wird solches geschehen, so sey ein iedweder versichert, daß ich nicht allein mit der Zeit den andern Theil meiner warhafftigen Curiösen und sehr gefährlichen Reise-Beschreibung zu Wasser und Lande, von den Orientalischen Ländern und Städten, wie auch von Italien und Pohlen unter der Banck herfür suchen will, sondern ich werde mich auch Lebenslang nennen
des Curiösen Lesers
allezeit
Reisefertigster
Schelmuffsky.
- Christian Reuter, Schelmuffsky. 1696
Anrede (4) Ein schlafender Rüpel regt sich, wirft einen Nachttopf um, legt sich aufs andre Ohr und schnarcht weiter. Das sind die Moralprozeduren des Staates. Die einen rütteln ihn, daß er erwache. Die andern nennen ihn einen Schweinkerl. Vergebens. Er schläft und rumort nur im Faulbett, wenn wieder die Blähungen der Sittlichkeit ihn befallen. Dann nimmt die Gerechtigkeit ihren Lauf...
O du alter nichtsnutziger Lümmel, du ausgeschämter
Hallodri du, heiliger Saufaus und ehrbarer Wüstling, du nimmst den Töchtern
der Wollust die sauer erworbenen Groschen, hebst
den Zins von allen Schanden ein, und gehst hin und verklagst die überhand
nehmende Unsittlichkeit! Denn die eifersüchtige Alte, die dir im Hause
sitzt, die Gesellschaft, ist dir hinter deine Zärtlichkeiten gekommen,
schwingt den Pantoffel über dir und zwingt dich, einmal im Jahr ihr mit
deiner Gesinnung zu Willen zu sein, wenn du schon deine Impotenz so leichtfertig
zersplittert hast. Dann schnarchst du Anklagen, rülpsest
Erlässe und lässest ein paar Moralsprüche ergehen, daß die Engel im Himmel
sich die Nase zuhalten. Schlichest du nicht hinter der kleinen Mizzi Veith
einher, du päpstlicher Conte? Hieltest sie nicht vier Jahre den Kavalieren
feil, denen du die Kabinette öffnest, wenn sie regieren oder sich auf feinere
Art amüsieren wollen! Und nahmst ihr eines Nachts den Champagner vom Munde
und gabst ihr Wasser zu trinken. Und umkreistest ihren Leichnam wie eine
schwarzgelb gefleckte Hyäne und schleiftest ihn
zum Gerichtstisch, wo er als Corpus delicti, nein, als Corpus vile dem
Appetit deiner Rache dienen muß! O du alter Tunichtgut,
du ärarischer Pförtner der Lust, du Schüler deiner Hausmeister, du Trinkgeldnehmer
deiner Huren, der du alles siehst und nichts gesehen haben willst, der
du nichts siehst und alles gesehen haben willst, Bordellwirt zweier Reiche,
du in Kalksburg geborener und nach Budapest zuständiger, mehrfach vorbestrafter,
öfter aus der Zivilisation abgeschobener warmer Betbruder, du Voyeur
mit dem ewig zugedrückten und dem Auge des Gesetzes, der du in Abenteuer
tölpelst, wenn es verlangt wird, du Mächtiger über die Schwachen und Schwacher
vor der Frau Sachs! Wie oft habe ich dich gepackt, wie oft dich gebeten:
tu‘s nicht; sei nicht niederträchtig, wenn du nicht die Kraft hast, es
bis ans Ende zu sein, wie jener preußische Schutzmann,
dessen Beispiel dich verlockt hat; spiel dich
nicht auf mit der Devise, daß es noch Richter in Österreich
gibt, solange Europa das unerschütterliche Vertrauen in die Wahrheit hat,
daß man es sich in Österreich noch richten kann. Wie oft habe ich dich
gebeten: tu‘s nicht, und du tatest es doch und schicktest deine Richter
über deine Huren. Wie habe ich dir mit einem Buch auf den Schädel geschlagen,
daß ich hoffte, die Unvereinbarkeit von Sittlichkeit und Kriminalität werde
dir aufgehen, ohne daß dir aus der Lektüre ein
innerer Schaden entstände. Aber du schämtest dich deiner Beulen nicht und
lachst des Versuchers. Und protzest gar mit der Unschuld deiner Polizisten.
- Karl Kraus, Prozeß Veith. In: Die chinesische Mauer. Frankfurt am Main
1967 (zuerst 1908)
Anrede (5)
Singen heißt mich das Herz
von Gestalten, verwandelt
in neue
Leiber. Ihr Götter,
gebt, habt ihr doch auch sie einst verwandelt
Gunst dem Beginnen und
leitet mein stetig fließendes Lied vom
ersten Ursprung
der Welt bis herab zu unseren Tagen.
- (
ov
)
Anrede (6) O feindlicher Pöbel,
es ist mir nicht neu (obgleich vielleicht dir), wie viele schlimme Freunde
du hast, wie wenig du taugst und verstehst und wie bissig, neidisch und
geizig du bist; wie eilig beim Verleumden, wie säumig beim Ehren, wie zuverlässig
beim Schaden, wie unzuverlässig beim Guten, wie leicht zu wenden, wie schwer
zu bessern! Welche diamantene Festung brechen deine scharfen Zähne nicht?
Welche Tugend gilt für deine Zunge ? Welche Frömmigkeit verteidigen deine
Werke? Welche Mängel deckt dein Mantel zu? Welchen Theriak erblicken deine
Augen, den du gleich einem Basilisk nicht giftig machtest? Welche noch
so herzige Blume durchdrang dein Ohr, die du im Bienenschwärme deines Herzens
in Gift zu wandeln unterließest? Welche Heiligkeit verleumdest du nicht?
Welche Unschuld verfolgst du nicht? Welche Einfalt verurteilst du nicht?
Welche Gerechtigkeit beschämst du nicht? Welche Wahrheit entweihst du nicht?
Welche grüne Wiese hast du betreten, auf welcher du nicht die Makel deiner
Geilheit hinterließest? Und wenn man Peinlichkeit und Treiben einer Hölle
nach dem Leben malen sollte, könntest du allein, dessen bin ich gewiß,
ihr Ebenbild sein. - Mateo Alemán, Vorrede zu: Guzmán von Alfarache (München
1964, zuerst 1599)
Anrede (7) Hier biete ich Euch, mein Herr, kein
majestätisches Mahl von Nektar und Ambrosia wie das des donnernden Zeus,
kein sündiges Mahl wie das der ersten Menschen, kein geheimnisvolles, wie
das des Ahasveros, kein üppiges wie das des Lukull, kein frevlerisches
wie das Lykaons, kein tragisches wie das des Thyestes, kein qualvolles
wie das des Tantalus, kein philosophisches wie das Platos,
kein ärmliches wie das des Diogenes,
kein winziges wie das der Blutegel, kein Bernisches wie das eines Erzbischofs
von Povigliano, kein komisches wie das eines Bonifacio Candelaio1. Sondern
ein Mahl, so groß und klein, so meisterhaft und schülerhaft, so gottlos
und fromm, so fröhlich und verdrießlich, so herb und mild, so florentinisch-mager
und bolognesisch-fett, so zynisch und sardanapalisch, so ausgelassen und
ernst, so schwer und beschwingt, so tragisch und komisch, daß ich überzeugt
bin, es wird Euch nicht an Gelegenheit mangeln, heroisch zu werden und
schüchtern, Meister und Schüler, gläubig und ungläubig, fröhlich und traurig,
melancholisch und jovial, erleichtert und beschwert, hündisch und hochsinnig,
äffisch und würdevoll, Sophist mit Aristoteles
und Philosoph mit Pythagoras, lachend
mit Demokrit und weinend mit Heraklit.
Ich will sagen, wenn Ihr mit den Peripatetikern gerochen, mit den Pythagoreern
gegessen und mit den Stoikern getrunken habt, bleibt Euch immer noch etwas
mit dem zu saugen übrig, der, als er die Zähne zeigte, ein so freundliches
Lächeln aufsetzte, daß ihm der Mund bis an beide Ohren reichte. -
Giordano Bruno, Das Aschermittwochsmahl. Frankfurt am Main 1981 (it 548,
zuerst ca. 1580)
Anrede (8) AN DIE LIBERTINS Wollüstige jeden Alters und jeden Geschlechts, euch allein widme ich dieses Werk; nehmt seine Grundsätze in euch auf, denn sie nähren eure Leidenschaften, von denen kalte und platte Moralisten euch abschrecken wollen und die doch nur die Mittel sind, welche die Natur anwendet, um den Menschen ihre Ziele erreichen zu lassen; gehorcht nur diesen köstlichen Leidenschaften; ihr Ursprung allein darf und kann euch zum Glück führen.
Lüsterne Frauen, möge die wollüstige Saint-Ange euer Vorbild sein; verachtet gleich ihr alles, was den göttlichen Gesetzen der Lust widerspricht, an die sie ihr Leben lang gekettet war.
Mädchen, die ihr zu lange in den unsinnigen und gefährlichen Banden einer eingebildeten Tugend und einer widerwärtigen Religion gefangen gehalten wurdet, eifert der heißblütigen Eugenie nach, zerstört, zertretet ebenso geschwind all die lächerlichen Lehren, die blödsinnige Eltern euch einhämmerten.
Und ihr, liebenswerte Wüstlinge, die ihr von Jugend an keine anderen Schranken
kennt als eure Begierden und keine anderen Gesetze als eure Launen,
möge der zynische Dolmance euch als Beispiel dienen; geht so weit wie er, wenn
ihr gleich ihm alle blumigen Straßen durchziehen wollt, welche die Geilheit
euch bereitet; laßt euch in seiner Schule überzeugen: nur wenn es den Bereich
seiner Neigungen und Einfälle ausdehnt und wenn es alles der Wollust aufopfert,
kann jenes unglückliche Individuum, das unter dem Namen Mensch bekannt ist und
das wider seinen Willen in dieses traurige Universum geworfen wurde, einige
Rosen über die Dornen des Lebens säen. - Marquis de Sade, Die Philosophie
im Boudoir. Ungekürzte Studienausgabe, zur Erziehung junger Damen bestimmt. Gifkendorf
1989 (zuerst ca. 1789)
Anrede (8) Erregung unserer Stimme, wenn wir mit
den Tieren reden; sie rührt wohl daher, daß die Tiere etwas Unentdecktes in
uns hervorlocken, für das wir ohne sie keine Verwendung hätten. »Welche Plattheiten,
welche Albernheiten!« sagt wohl einer, die doch in Wahrheit keine sind, wenn
man bedenkt, welch ein Bedürfnis nach Rührung daraus spricht und sich bisweilen
so liebenswert äußert, mit soviel Witz und Erfindungsgabe. Ich denke da insbesondere
an die Worte, die meine Großmutter väterlicherseits verschwenderisch erfand,
mit einer Phantasie, die ans Geniale streifte, sobald sie eine Kuh anredete,
ein Huhn, ihren Hund oder ihre Katze. Das gleiche gilt von den Gesängen, die
meine Elise ihren Pflegebefohlenen ins Ohr singt: »Mein Herzchen, mein Schätzchen,
mein Schönchen, mein Weißchen, mein aller-weißestes Puttchen«, um im übrigen
- alle beide, meine Großmutter ebenso wie Elise - im Handumdrehn bei der leisesten
Weigerung des derart liebkosten Tieres zu den ärgsten
Beschimpfungen überzugehen. -
Marcel Jouhandeau, Das Leben und Sterben eines Hahns. Tiergeschichten. Stuttgart
1984 (zuerst 1947)
Anrede (9)
o tod du dunkler meister |
- Aus: treuherzige kirchhoflieder, nach
(
artm
)
Anrede (10)
An das Publikum. Bevor überhaupt wir zu Ihnen hinabsteigen,
um auszumerzen Bevor wir Ihre faulenden Knochen zerbrechen — Die katharrhalische Plauze öffnen um als Dünger zur Hebung der Landwirtschaft zu dienen, Ihre Fettleber, Ihre Proletenmilz und Diabetikernieren exstirpieren — Bevor wir confiscieren Ihren häßlichen Sexus, der anstößig wirkt und entartet, — Bevor wir Ihnen den Appetit verderben auf Schönheit, Zucker, Pfeffer, Philosophie und metaphysisch — mathematisch — lyrischen Gurkensalat — Bevor wir in Vitriol Sie tunken, um Sie zu reinigen und energisch zu läutern Vor alledem Wolln wir erst mal ein großes antiseptisches Bad nehmen Wir machen Sie darauf aufmerksam: Wir sind die großen Meuchelmörder All Ihrer kleinen Neuigkeiten Und schließlich: wie geht das schöne Lied: Ki Ki Ki Ki Ki Ki Ki - Sehet den lieben Gott wie er reitet auf einer Nachtigall - Was heißt da häßlich und schön — Madame Deine Schnauze riecht nach Zuhältermilch Am Morgen Denn Abends kann man sie eher nennen: Popo eines lilientollen Engels Ist das nicht nett? Adieu mein Freund! (Dadatraduction Walther Mehring.) |
- Georges Ribemont-Dessaignes, nach: 113 DADA Gedichte. Hg. Karl Riha. Berlin 1982
Anrede (11)
Anrede (12)
IHR
Bananenesser und Kajakleute!
Wischt die Lafetten aus und schmiert die Posaunen zum Breiklang Eures jüngsten Gerichts. Die Monomanen sind die Priester des Weltalls, l Tausend 9 Hundert zwanzig Jahre frohnt der heilige Geist in den Bagnos Eurer parties honteuses. Schon kabelt Europa die Schreckenskunde: Hirnzellulose nur noch im Schleichhandel greifbar. Baut Woolworth-Häuser! in denen Eure Schande nistet, aber protzt nicht mit dem Sekret Eurer Adamsäpfel, die Ihr vom Baum der Erkenntnis geklemmt!
Persönlichkeit ist die Kurve des Harakiri.
Die Bankerotterklärung durch das Mitleid als Feigenschurz.
Ihr betet zur Zangengeburt von Bethlehem, dem großen Kuppler von Himmel und Erde. Das Paradies für jedermann sofort gebrauchsfähig mittels unserer synthetischen Hakenkreuze. Hauptschlager aus den Cabarets in 1a. christlich-byzantinischer Aufmachung. Von Dionysos bis Pastor Mauke (und pathetische Cholera mit den üblichen Begleiterscheinungen nach dem Genuß unreifer Kompromißfrüchtchen!) Oder Achtung, der Messias kommt, ein Lotteriespiel mit tausendjähriger Ziehung, oder das Kalb mit den zwei Köpfen, oder, wenn Du glaubst Du hast'n, dann hupft er aus dem Kast'n.
Die sogenannten schönen Künste sind danach nur noch als Rollenpapier zu verwerten und wer sieb seelisch reinigen will, der gehe statt in die Kirche zum Admiralsbad nebenan. Denn in der Unschuld haben sich immer die verdächtigsten Hände gewaschen. Und Eure Reue kommt stets zu früh, sie hinkt vor der Tat her.
Warum so heilig — revolutionär — modern!, wenn einem das Ethische egalweg hinten 'raus hängt . . . Dem Roentgen-Menschen gehört die Zukunft. Das kontrollierbare Unterbewußtsein muß die Forderung des Tages werden. Darum massiert vor dem kommenden Dauerschlaf Eure Träume sorgfältig mit Dada.
IHR
Bananenesser und Kajakleute!
Protzt die Schädel ab und versichert das Trommelfell gegen...Zukunftsmusik und Humanitäts-dusel. Bedenkt, daß um die Ecke ein Mann Euer Schicksal kennt, dem eine Postkarte genügt. . . Nur keine Bange. Die theosophischen Schweinsblasen retten den Gemüseleib leicht zur Unsterblichkeit hinüber, und der General-Superintendent Wotan bläst zum Empfang den alten Dessauer auf der Prostata, sekundiert vom Flügeladjutant v. Paulus. Das große Preisrätsel: Hat Christus gelebt, ist umgestellt in das Problem: Aber seid Ihr geboren?
-
Walt[er] Me[h]rin[g], nach: Dada-Almanach 1920. Hg. Richard Huelsenbeck im Aufrag
des Zentralamts der deutschen Dada-Bewegung. Nachdr. Hamburg 1980 (Edition Nautilus)
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