nnonce  Hatte er zu Abend Rinder- oder Ziegenohren gegessen, so begab er sich in die seit langem nicht mehr aufgeschlossenen Gemächer seines Vaterhauses und wälzte dort bis tief in die Nacht Berge englischer und französischer Zeitungen, die in Alexandria zu Ende des 19. Jahrhunderts erschienen waren. Er saß auf den Fersen und fühlte, wie das nährende Dunkel des Fleisches ihn durchströmte, und mit durstigem Interesse las er diese Zeitungen, denn sie konnten zu ihm in keinerlei Beziehung stehen. In hervorragender Weise erfüllten diese Bedingung die Anzeigen.

Einen Abend um den anderen blätterte er in diesen Anzeigen längst verstorbener Menschen; Angebote, die keinen Sinn mehr hatten, glänzten im Staub auf, älter als er. Feilgeboten wurden auf diesen vergilbten Seiten französischer Schnaps gegen die Gicht und Mundwasser für Mann und Frau, August Ziegler aus Ungarn annoncierte in seinem spezialisierten Geschäft eine Ausstattung für Krankenhäuser, Ärzte und Hebammen, es gab Mittel gegen Magenbeschwerden, Strümpfe für schwielige Beine und Füße aus Gummi zum Aufblasen. Der Nachfahre eines Kalifen aus dem 16. Jahrhundert bot ein Familienschloß mit 1500 Räumlichkeiten zum Verkauf an, das sich am schönsten Fleck an der tunesischen Küste im Meer befand, nur zwanzig Meter unter der Wasseroberfläche. Bei schönem Wetter und südlichem Wind, genannt taram, konnte man es jeden Tag sehen. Eine namentlich nicht genannte alte Dame bot einen Wecker feil, der mit Rosenduft oder Kuhmist zu wecken wußte; Reklame wurde gemacht für gläsernes Haar oder für Armreife, die die Hand verschlangen, sobald man sie anlegte. Die christliche Apotheke bei der Heiligen Dreifaltigkeit gab eine Anzeige auf für das Wässerchen Dr. Lemans gegen Sommersprossen, Flechten, Bläschen und Krätze, für ein Pulver, Kamelen, Pferden und Schafen zugedacht, das appetitanregend war und den Füllenzahn beseitigte, Grind und eine übermäßige Entkräftung des Viehs beim Tränken. Ein nicht mit Namen genannter Käufer suchte eine jüdische Seele auf Abzahlung, und zwar jene der niedrigsten Ordnung, die man nefesch nennt. Ein angesehener Architekt bot an, nach den Vorstellungen des Bestellers äußerst preiswert ein luxuriöses Wochenendhäuschen am Himmel im Dschenet zu erbauen, wobei die Schlüssel dem Eigentümer noch bei Lebzeiten ausgehändigt würden, sobald er die Rechnung beglich, und das nicht beim Baumeister, sondern beim Lumpengesindel von Kairo. Empfohlen wurden Mittel gegen den Haarausfall im Wonnemonat, zum Verkauf wurde angeboten ein Zauberwort, das nach Wunsch in eine Eidechse oder in ein Radieschen verwandelt werden konnte, oder, besonders günstig, ein Fußbreit Erde, von dem aus man in jeder dritten dschuma im Monat rebi-ul-aker den nächtlichen Regenbogen zu sehen vermochte. Jede Frau wurde, sobald sich ihre Haut bei kleinen Geschwüren, Flechten, Muttermal oder auch Ungeziefer schälte, wieder zur Schönheit dank der Schminke der englischen Firma Rony & Son. Ein Porzellangedeck für grünen Tee in der Form eines persischen Huhns mit Küken konnte man zusammen mit einer Schüssel erstehen, unter der eine Zeitlang die Seele des siebten Imam geweilt.. - (pav)

 

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