ndere, Die   Emile war nahe daran, mit Blanche zu schlafen. Das Verlangen überkam ihn, als sie sich — dezent wie immer — auszog. Aber er zögerte, er wußte, es war nicht sie, die er begehrte, sondern die Frau, irgendeine Frau, nur nicht sie, seine Frau.

Dann schämte er sich, daß er Blanche, und wenn auch nur einen Augenblick lang, in seine lüsternen Gedanken mit einbezogen hatte.

Sie lag neben ihm. Ihr Körper war warm. Als er sie küßte, waren ihre Lippen ein wenig feucht.

»Hast du absichtlich das Fenster offengelassen?« fragte sie.

Ohne nachzudenken, antwortete er: »Es ist schwül. Wenn ein Gewitter kommt, werde ich es zumachen.«

Denn selbst ein Gewitter weckte seine Frau nicht.

»Gute Nacht, Emile.«

»Gute Nacht, Blanche.«

War die andere hinter der Wand schon in ihrem Bett? Las sie beim Licht der Nachttischlampe — einem Licht, das er sich ohne Grund rosa vorstellte — ihren Kriminalroman?

Er stellte sich auch das Zimmer sehr anders als das ihre vor; nämlich ein niedriges, sehr breites, mit Seide bezogenes Bett, einen Sessel und zierliche Möbel, deren Holz seidig schimmerte. Er hätte wetten mögen, daß das Telefon weiß und der Fußboden mit einem hellen Teppich bedeckt war.

Er versuchte diesmal nicht, gegen den Schlaf anzukämpfen.

Aber ohne daß er es wollte, arbeitete sein Geist. - Georges Simenon, Der Umzug. München 1971 (Simenon-Romane  117, zuerst 1957)

 

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