mputation
Die Romanschriftstellerin Fanny Burney, an die man sich
wohl hauptsächlich wegen ihrer Freundschaft zu Samuel Johnson erinnert,
hat eine ausführliche Schilderung ihrer Brustamputation hinterlassen, der
sie sich am 30. September 1811 in Paris unterzog. Keine Frau würde ein
solches Datum je vergessen. Samuel Pepys pflegte z. B. den Jahrestag
einer erfolgreichen Operation zu feiern, bei der ihm ein quälender Nierenstein
von der Größe eines Tennisballs entfernt wurde. Die einzige Vorbereitung
auf ihre Operation bestand in einem Glas Wein, das möglicherweise Laudanum
enthielt. Als der Chirurg und seine Gehilfen - »7 Männer
in Schwarz« - eintreffen, erschrickt sie zuerst und regt sich auf.
(»Warum so viele? & ohne Auftrag?«) Die Angst packt sie mit solcher
Macht, daß sie kein Wort des Protests zu äußern vermag. Sie gewinnt ein
gewisses Maß ihrer Würde und Haltung in Anwesenheit dieser bedrückenden
schwarzgekleideten Gestalten zurück, indem sie es irgendwie schafft, aus
eigener Kraft ins Bett zu kommen, und sich weigert, festgehalten zu werden.
Über ihrem Gesicht wird ein transparentes Kambriktuch ausgebreitet, durch
das sie beobachtet, wie der Chirurg auf ihrer Brust den Weg nachzieht,
den sein Messer nehmen wird.
Mit leidenschaftlicher Akribie berichtet Burney jedes Detail dieser
gräßlichen Operation. Sie beschreibt, wie das Messer in ihre Brust fährt
und »Venen, Arterien, Fleisch und Nerven durchschneidet.« Sie beschreibt,
wie gleich einer Menge »scharfer und gespaltener Dolche« Luft in die Wunde
zieht und der Chirurg »gegen die Faser schneidet«, während er wiederholt
ihren Brustknochen abschabt. Wer wäre nicht
von ihrem außerordentlichen Mut beeindruckt? Es war jedoch nicht ein Mut
des Schweigens und der Verdrängung. Dem modernen Leser wird es schwerfallen,
ihr Schreien zu vergessen, das - wie sie berichtet - ununterbrochen den
ganzen Eingriff über andauert. - Robert Shapiro,
Der Bauplan des Menschen. Frankfurt am Main 1995 (zuerst 1991)
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