morph
Ich bin mit einem Mann im Bett, das am Ende eines grossen Saales steht.
Den Wänden entlang geht ein griechisches Relief, ähnlich Parthenon. Durch
eine kleine Türe am andern Ende des Saales kommt
ein Ding herein, eine Art Paranoiker-Plastik [Sie
erinnert an Figuren von S. Dali], das sich aber riesig ausdehnt, sobald
es durch die Tür ist und füllt den Saal bis zur Decke aus. Ein amorphes
Gebilde, an einer Stelle endet es in einem Damenschuh,
darauf und auf der Spitze von etwas wie einer langen
Nase geht es. Ich sage zu dem Mann, bei dem ich liege, dass ich ihn
nicht mehr liebe. Er sagt: Dann hol Dir doch einen von diesen Griechen!
Ich stehe auf, gehe bis zur Wand und ziehe einen der Marmorjünglinge am
Bein. Er steigt herab. Wir gehen zusammen fort, wir spazieren in einer
Landschaft. Der Mann, neben dem ich gehe, ist jetzt plötzlich mein Vater.
Wir gehen nebeneinander auf einer Hochebene. Unten an den Hängen wachsen
Tannen, von denen man aber nur die Spitzen sieht. Mein Vater zeigt auf
eine Gruppe dieser Tannenwipfel (am Südhang), die sich stark bewegen und
sagt: «Dort lernte ich Deine Mutter kennen». Ich sage: «Dort ist mein Mörder!»
Ich gehe den Hang hinunter, jetzt ist es, glaube ich, der Nordhang, bis
zum Fusse dieser Tannen. Dort sitzt, angelehnt an einen Stamm, ein älterer,
sportlich gekleideter Herr, rostbraune Tweedjacke, graues kurzes Haar.
Er richtet ein Messer auf mich. Ich berühre mit der Zeigefingerspitze der
einen Hand die Spitze des Messers, mit dem andern Zeigefinger das Ende
des Griffes, drehe das Messer herum und will gerade den Mann erstechen,
als mein Vater neben mir steht und sagt: «Das tut man nicht». Daraufhin
gebe ich dem Mann einen Stoss, sodass er den Abhang hinunterrollt. Er rollt,
indem er mit dem Zeigefinger die Stirne berührt und sieht aus, wie die
Schlange (Uroborus), die sich in den Schwanz beisst. -
Meret Oppenheim, Aufzeichnungen 1928 - 1985. Träume. Bern - Berlin 1986
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