Ames-Raum   Die Kapelle war ein ehemaliges Kino, das mit Kirchenstühlen, Altar und Kanzel möbliert worden war. Aus Sicherheitsgründen wurden die Türen verschlossen, und die diensthabenden Wärter behielten Young im Auge, indem sie durch den Kameraschlitz im Vorführraum sahen. Als Folge davon sahen die Wärter das Innere der Kapelle lediglich aus einer Perspektive. Young hatte daraus gerissen seinen Vorteil gezogen und Stühle, Altar und Kanzel so umgruppiert, daß sie einen Ames-Raum bildeten — Adelbert Ames jr., der amerikanische Psychologe, erfand eine Reihe von Trick-Zimmern, die völlig normal aussahen, wenn man sie durch ein Guckloch betrachtete, tatsächlich aber mit unzusammenhängenden Teilen von Möbeln und Schmuckgegenständen angefüllt waren.

 Youngs Version des Ames-Raums war weitaus komplexer. Kreuz und Messingkandelaber schienen auf dem Altartisch zu stehen, hingen aber tatsächlich zehn Schritte entfernt an Baumwollbändern in der Luft, welche er aus seinem Overall herausgerissen hatte. Die Bänke waren auf Stapel von Gesangbüchern und Bibeln gestellt worden, um den Eindruck eines ordentlichen Kirchenschiffs zu erwecken. Aber als wir den Vorführraum verließen und die Kapelle betraten, sahen wir, daß die Bänke eine treppenähnliche Rampe bildeten, welche zum Belüftungsgitter hinter dem Altar führte. Die Wärter, die durch den Kameraschlitz im Vorführraum blickten, sahen Young scheinbar auf den Knien vor dem Kreuz, dabei hatte er tatsächlich auf der obersten Bank der Rampe gekauert und die Schrauben des Gitters gelöst.  - J. G. Ballard, Das Angriffsziel. In: Phantastische Aussichten. Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1985  (Phantastische Bibliothek 160)

 

Raum

 

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