mateur  Einer der bekanntesten Hinrichtungsamateure des 18. Jahrhunderts war George Selwyn. Dieser pflegte sich mit wollüstiger Neugierde über alle Einzelheiten des begangenen Mordes, das Benehmen des Verbrechers während seines Prozesses und im Kerker zu unterrichten und studierte dann bei der Hinrichtung mit größtem Eifer sein Verhalten angesichts des Todes. Die  schauderhaftesten Einzelheiten bei einem Selbstmorde oder Morde, das Aussehen des entstellten Leichnams, der Anblick Sterbender waren Gegenstände seines lebhaftesten Interesses und gewährten ihm eine schmerzlich-rätselhafte Wonne. Horace Walpole erzählt zahlreiche Anekdoten über diese seltsamen Gelüste seines Freundes. Als der erste Lord Holland im Sterben lag, wollte S. als vertrauter Freund ihn durchaus sehen. »Wenn Mr. S. das nächstemal wieder vorspricht«, sagte Lord Holland zu seinem Diener, »lass' ihn herein; wenn ich dann noch am Leben bin, werde ich mich freuen, ihn zu sehen, und wenn ich tot bin, wird er erfreut sein, mich zu sehen.« Am Tage der Hinrichtung von Damiens drängte er sich in sehr einfacher Kleidung direkt an das Schafott heran, so daß er von einem französischen Edelmann für einen Henker gehalten und gefragt wurde: »Sie sind wohl ein Henker, der gekommen ist, dieses Schauspiel zu besichtigen?« - »Nein, mein Herr, ich bin dieser Ehre nicht teilhaftig, ich bin bloß Amateur.«

Ein anderer Hinrichtungsamateur war J. Boswell, der sogar in näherem Verkehr mit dem Aufseher von Newgate stand, bloß wegen seiner Neigung, Hinrichtungen beizuwohnen. Er trug einen eigenen Anzug von »Hinrichtungsschwarz«, um in der Nähe des Schafotts mit Anstand erscheinen zu können.

In Essex war ein Baronet unter dem Spitznamen »Amateur Hangman« bekannt. Als eines Tages der Henker verhindert war, eine Hinrichtung zu vollziehen, erbot sich der Baronet, diese zu verrichten, was er mit aristokratischer Eleganz sichtlich zu seinem größten Vergnügen ausübte. Er widmete sich nun mehrmals diesem sonderbaren Handwerk. Besonderen Genuß schien er beim Hängen der Frauen zu empfinden, wobei ein eigentümliches grausames Lächeln auf seinem Antlitz erschien. - (erot)

Amateur (2) Wanzenried war Schweizer Meister im Schwergewicht bei den Amateuren gewesen, doch erübrigt es sich, auf sein Schicksal mehr als nötig einzugehen. Schon sein erster Versuch, als Profi aufzutreten, endete mit einem K. o. in der ersten Runde, aus dem er erst nach einem Monat aus dem Koma erwachte. Möglich, daß dadurch seine Intelligenz eine Verminderung erlitt, aber gemessen an ihrem vorkomatösen Zustand, war das kaum feststellbar. Sein Versuch als Hinausschmeißer scheiterte am Gefühl, jene, die er hinausschmeißen sollte, könnten zurückschlagen, und so schmiß er sie nicht hinaus. Auch sein dritter Versuch, sich im Leben zu installieren, mißglückte. Zwar ging es ein Jahr anständig, aber dann wurden gleich drei seiner Nutten abgeworben. Innert zwei Wochen. Die Polizei war eklig, und niemand wollte mehr mit ihm arbeiten. Wanzenried versuchte es mit unauffälliger Kriminalität, stellte eine Bande von Gelegenheitskriminellen zusammen, Profis konnte er sich nicht leisten. Doch deren Bankeinbrüche und Überfälle wurden ihm zugeschoben, es konnte ihm zwar nichts bewiesen werden, aber der Verdacht blieb, während die Gelegenheitskriminellen weniger verdienten, als sie von der Sozialfürsorge bekamen, sie wurden ehrlich.   - Friedrich Dürrenmatt, Durcheinandertal. Zürich 1998
 
 

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