ltweiberbeschimpfung
JHr Schwestern / die ihr schon mehr jähre könnet zehlen
/ Als gute zahne noch in eurem munde stehn;
Was habt ihr wohl vor recht auff unsre lust zu schmählen? Meint
ihr / wir sollen euch gleich aus dem wege gehn? Nein! eh wir
eurem trotz den stoltzen willen lassen / Soll ein
geschärffter stahl des Streites richter seyn; Warumb soll unsern
schertz ein scheeles auge hassen? Wir jungen bilden
uns mehr als ihr alten ein. Jhr habt zwar freylich schon viel
mehr als wir erfahren / Weil unsre Jugend euch
noch erstlich lehrgeld zahlt; Allein wie? kommt auch wol verstand
noch vor den Jahren? Drum macht ihr euch selbst
alt / wenn ihr mit klugheit prahlt. Was aber acht man doch ein
altes ungeheuer? Ein frisch und junges ding
zieht man den alten für; Ein alter hering kost nicht so viel
als ein neuer / Ein junges pferd das gilt mehr als
ein altes thier. Wer steckt die nase gern zu faulen pomerantzen? Wer
liebt ein altes licht / das wie der teuffei stinckt? Wer will
doch allererst ein altes schloß verschantzen / Das
allbereits zerfällt und im morast versinckt? Drum must ihr alten
nun uns jungen mädchen weichen / Jhr seyd schon
halb verdorrt / wir seynd noch frisch und grün / Jhr seyd kaum
schwartzem bley / wir golde zu vergleichen / Um
unsre Scheitel blüht der herrlichste jeßmin: Jn unserm busen
findt man schnee und brand beysammen / Der
halß der übertrifft den allerweißten schwan / Auß unsern augen
gehn die stärcksten liebesflammen Und zünden wie
ein blitz der männer hertzen an: Die wangen blühen uns voll
lieblicher narcissen / Auff denen Liljen-milch
und rosen-purpur lacht. Wie mancher pflegt vergnügt auf unsern
mund zu küssen / Der ihm die seel entzückt
/ das hertz voll feuer macht. Wir können ohne zwang die stärcksten
überwinden / Wir schlagen unsren feind durch
einen holden strahl; Die liebsten können wir so fest als ketten
binden Und führen sie erlächtzt zum frischen
liebes-thal. Dann rafft ein ieder uns nicht anders als / mein
engel / Mein hertzgen / schätzgen / kind /
mein morgenstern / mein licht / Und streut auff unsern schoß
die schönsten nelcken-stengel / Dergleichen
eure hand / ihr alten / niemahls bricht. So bleibts demnach
darbey / ihr müst zurücke treten / Weil euer
glantz nicht so / wie unsrer / schimmern kan; Doch fangt ins
künfftige nur fleißig an zu beten / Vielleicht
bekommet ihr noch endlich einen mann.
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- Anon., nach: Lyrik des
Barock II. Hg. Marian Szyrocki. Reinbek bei Hamburg 1971
Altweiberbeschimpfung (2)
GRABSCHRIFT Eines alten bösen weibes.
EJn schädlich basilisck / in grimmig tieger-thier / Ein weib
/ das wie ein hund zum beißen trug begier / Und in dem. leben
hat gleich einer sau gerochen / Die ist in dieses loch nur allzu
spät gekrochen.
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- Anon., nach: Lyrik des
Barock II. Hg. Marian Szyrocki. Reinbek bei Hamburg 1971