ltersmelancholie Was
man zur Abgrenzung sekundäre oder besondere Auslöser der Melancholie nennt,
ist entweder innerlich, angeboren, vererbt oder äußerlich und zufällig erworben
und bezieht sich im letzten Fall auf Ereignisse, die uns nach der Geburt zustoßen.
Bei den angeborenen Ursachen unterscheidet man natürliche wie das Alter und
widernatürliche, die Fernelius praeter naturam nennt und die die Eltern als
Erbkrankheiten an ihre Kinder weitergeben. Die vorrangige natürliche Ursache,
der niemand aus dem Weg gehen kann, ist das Alter;
von kalter und trockener Beschaffenheit hat es dieselbe Qualität wie die Melancholie
und muß sie durch Schwächung der Substanz und der Lebensgeister
sowie die Zunahme verbrannter Säfte notwendig hervorrufen.
Deshalb hält es Melanchthon unter Rückgriff auf Aristoteles für ausgemacht,
daß alte Menschen wegen der in ihnen im Übermaß vorhandenen schwarzen Galle
gewöhnlich unzurechnungsfähig werden. Und der arabische Arzt Rhazes nennt die
Melancholie eine notwendige und unvermeidliche Begleiterscheinung des Alters
und der Gebrechlichkeit. Jenseits der Siebzig ist alles Kummer und Sorge, sagt
der Psalmist, und die allgemeine Erfahrung bestätigt die Wahrheit dieses Satzes
für die Altersschwachen. Besonders betroffen sind dabei diejenigen, die ein
aktives und geschäftiges Leben hinter sich haben, ständig Befehle erteilen und
viele Bedienstete überwachen mußten und das alles von einem Tag auf den anderen
aufgaben wie Karl der Fünfte, der ganz plötzlich zugunsten Philipps zurücktrat.
Augenblicklich überwältigte ihn die Melancholie; aber auch wenn sie weitermachen
wie bisher, werden sie zuletzt senil und können aufgrund der üblichen Altersgebrechen
ihren Besitz nicht mehr verwalten. Geplagt von Schmerz, Sorge und Kummer, kindisch
und verwirrt, benehmen sie sich überall daneben, führen Selbstgespräche, sind
ärgerlich, reizbar, mit allem unzufrieden. Cicero nennt sie mißtrauisch, launisch,
gierig, hart, Balthasar Castilio eigensinnige, abergläubische, eingebildete
Prahlhänse und Selbstbewunderer. Dieses natürliche Gebrechen zeigt sich am ausgeprägtesten
bei alten Frauen, und zwar insbesondere solchen, die arm, alleinstehend, unbefriedigt,
verachtet,
auf Almosen angewiesen oder Hexen sind. Deshalb auch
verlegen Wierus, Baptista Porta, Ulricus Molitor, Edwicus alles, was den Hexen
nachgesagt wird, in deren Einbildung und machen die schwarze Galle für diese
Halluzinationen verantwortlich. -
(bur)
|
||
|
||