Dlliteration    Es kam durch Puddings Begeisterung für kulinarische Faxen, daß die nun folgende abstoßende Kriegslist ersonnen ward. «Hm, ich weiß nicht», murmelt Roger ausgesucht beiläufig, «hier scheint mir gar kein Rotz-Ragout auf der Karte zu stehen ...»

; «Yeah, was mich betrifft, so hätte ich etwas Eiter auf Eis vertragen können. Glaubste, daß die so was haben?»

«Nein, aber vielleicht gibt's dafür Auswurf in Aspik!» schreit Roger jetzt. «Mit einem Klacks - Menstruationsblut-Mostrich

«Tcha, ich war eher für so 'n ausgereiftes, würziges Smegma-Stew zu begeistern», schlägt Bodine vor. «Oder wie war's mit 'ner Blutgerinnsel-Bouillon

«Ich muß schon sagen», murmelt eine Stimme von undefinierbarem Geschlecht am Ende der Tafel.

«Wir könnten ein besseres Menü als das-hier zusammenstellen», wedelt Roger mit der Karte. «Als Appetitanreger Mutterkuchen à la Maison, dann vielleicht ein raffiniertes kleines Schorf-Soufflé, natürlich ohne die harten Krusten ... o-oder Po-pel-Pisskttits! Mmm, ja, mit Magengeschwür-Mayonnaise abgeschmeckt? Und gekrönt von saftigen kleinen Klabusterklößchen...»

«Aha, ich begreife», schaltet sich Commando Connie ein, «es muß alliterativ sein. Also, wie war's mit... äh ... Kot-Klopsen

«Wir sind jetzt erst beim Suppengang, Baby», sagt kühl Bodine, der Seemann, «also laß mir mit meinen Karzinom-Konsommé den Vortritt, oder wahlweise einer Kotzknödelsuppe.»

«Erbrochene Erdäpfelsuppe», sagt Connie.

«Jetz haschus kapiert.»

«Gefüllte Zysten-Zwiebel», fährt Roger fort, «mit kleinen, kirschroten Tupfern von Abtreibungs-Aspik, in einer delikaten Schuppenflechten-Sauce.»

Man vernimmt das Geräusch von wohlerzogenem Würgen, und ein Gebietsvertreter von ICI sucht eilends das Weite, einen langen Strahl klumpig-beiger Kotzebrühe ausspeiend, der auf das Parkett platscht. Überall um den Tisch werden Servietten an die Gesichter gehoben, Bestecke niedergelegt, silbernes Klirren auf Feldern von Weiß und verwirrte Entschlußlosigkeit, dieselbe Sache wie in Mossmoons Büro ...

Und weiter in der Speisenfolge, von Furz-Fondue {geschickt plazierte Darmgas-Blasen steigen langsam aus einer Käse-Zähflüssigkeit, yummm) zu Furunkel-Frikadellen, Venerischer Vanillecreme in Sabber-Sauce ...

Ein Kazoo hört zu spielen auf. «Warzenwaffeln!» heult Gustav.

«Speibe-Schnitten mit Schweiß-Sirup», fügt Andre Omno-pon hinzu, während Gustav sein Spiel wieder aufnimmt und die Außenstimmen längst eine perplexe Generalpause eingelegt haben.

«Und belegt mit Bandwurm-Biskuits», murmelt der Cellist, der einem Späßchen nicht gänzlich abhold ist.

«Hämmorhoiden-Haschee», Connie klopft begeistert mit dem Löffel auf den Tisch, «Brunz-Burgers

Frau Utgarthaloki springt auf, eine Platte mit gefüllten Geschwülsten - Verzeihung, nein, Teufelseier sind es - umwerfend, und flieht unter tragischen Schluchzern aus dem Raum. Ihr verbindlicher Stahlgatte erhebt sich gleichfalls und folgt, den Störenfrieden männliche Blicke voll gewisser Todverkün-dung zuwerfend. Ein diskreter Hauch von Erbrochenem beginnt unter den Falten des Tischtuchs aufzusteigen. Nervöses Gelächter ist längst zu bösartigem Gewisper zerbröckelt.

«Wahlweise Gangräne-Gulasch oder eine Portion sämigbrauner Lepra-Linsen», singt Bodine aus, «Lep-ra- [ein Terzschritt abwärts] Linsen», und droht den Unverscheuchten spielerisch mit dem Zeigefinger, nun macht schon, ihr kleinen Kacker, kotzt für den netten Zoot-Onkel...

«Fußpilz-Frikassee!» schreit Roger-der-Rowdy. Jessica weint in den Ärmel ihres Gentleman Jeremy, der sie, steifarmig und kopfschüttelnd ob Rogers Kinderei, für immer davongelei-tet. Sticht's Roger in der Brust in diesem Augenblick? Natürlich. Das ginge euch genauso. Ihr könntet sogar den Sinn eurer Aktion in Zweifel ziehen. Aber jetzt sind Nasenpopel-Nudeln zu servieren, buttrig und dampfend, sind Scheiße-Schaschlik in Seiche-Sud und Pimmelkäse-Porridge in die Schüsseln einer schnüffelnden Generation von zukünftigen Spitzenmanagern zu schöpfen, müssen Ohrenschmalz-Omeletts und Schamhaar-Schmarren auf Terrassen hinausgerollt werden, die fleckig sind vom Holokaust des Abendhimmels oder reifstarr vom Herbst. *

«Karbunkel-Koteletts!» H «Mit Hoden-Haschee!»

 «Und Spulwurm-Spaghetti!»

Lady Mnemosyne Gloobe wird von einem Krampf gepackt, der so heftig ist, daß ihre Perlenkette zerreißt und auf das seidene Tischtuch regnet. Allgemeine Appetitlosigkeit regiert die Stunde, von unverhohlener Übelkeit zu schweigen. Die Flammen in der Grube sind erloschen. Kein Fett, sie heute abend zu nähren. Sir Hannibaf Grunt-Gobbinette droht zwischen Spasmen gelber Galle, die ihm aus den Nasenlöchern schäumt, die Angelegenheit vor das Parlament zu bringen. «Euch beide sehe ich hinter Gittern, und wenn es das letzte ist, was ich sehe!» Na bitte ...

Eine sanft balancierte Soft-Shoe-Nummer Richtung Tür, winkt Bodine zum Abschied mit seinem breitkrempigen Gangsterhut, addio, Leute! Der einzige Gast, der noch am Tisch sitzt, ist Constance Flamp, die unermüdlich Möglichkeiten fürs Dessert herausröhrt: «Klöten-Karamellen! Schleim-Schaumspeise! Moder-Mus!» Viel Glück für morgen, Connie! Tümpel aus diesem und jenem glitzern auf dem Fußboden wie Wasser-Fata-Morganen in der sechsten Vorhalle zum Thron. Gustav und der Rest des Quartetts haben Haydn im Stich gelassen und folgen Roger und Bodine nach draußen, mit Geige, Cello und Kazoos das Degoutante Duo untermalend:

Gibt's von der Akne ä-la-mode noch 'n Bissen?
Mit Krätzekroketten, und drübergeschissen?
Wenn nicht, dann Khumpl, laß uns versuchen
Pustel-Parfait und Kotze-Kuchen ...

«Ich muß euch was sagen», flüstert Gustav mit fliegendem Atem, «ich fühl mich schrecklich deswegen, aber vielleicht wollt ihr Leute wie mich nicht bei euch haben. Ich ... ich war bei der SA. Vor langer Zeit. Ihr wißt schon, wie Horst Wessel.»

«Und?» Bodine lacht. «Vielleicht war ich 'n Melvin Purvis Junior G-Man.»

«Ein was?»

«Für Post Toasties.»

«Für wen?» Der Deutsche glaubt tatsächlich, die Frühstücksflocken wären der Name eines amerikanischen Führers, der vermutlich ein wenig wie Tom Mix oder sonst ein pferdezähniger Kuhjunge aussieht...

Der letzte schwarze Butler öffnet die letzte Tür ins Freie und die Freiheit. Freiheit für heute. «Tumor-Tartar mit Ausfluß à la crème, die Herren», nickt er gemessen. Und gleich jenseits der Dämmerung kann man ein Lächeln sehen. - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981

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