lkohol    Wie wirkt Alkohol auf das körperliche Gefüge?
Nach kurzem Eingehen auf die Frage, warum Alkohol nicht nährt, nicht wärmt, nicht den Durst löscht, nicht anregt und kein „Sorgenbrecher" ist, gehe ich kurz ein auf die wichtigsten Daten der exakten Forschung:

1. Alkohol verlangsamt die Verdauung. Bemerkung: Der Magenschnaps beim Druck des vollen Magens bedeutet lediglich das Abstellen der „Alarmglocke", das Stillegen der sensitiven Magennerven durch das angenehm empfundene Betäubungsmittel.

2. Alkohol verursacht viskose (das heißt klebrig-leimige) Eindickung des Blutes. Dieses Blut strömt dann langsamer durch die Kapillaren, daher Stauungserscheinung und Stockungen da und dort. Entstehung von „Sumpf-Gebieten", des Nährbodens für Krankheitserreger.

3. Alkohol bewirkt Schädigung der Arterienwand. Beginn der Sklerosierung, beim einen früher, beim anderen später, gemäß den summierten Quanten und der Wertigkeit der Erbmasse.

4. Alkohol führt zur Herabsetzung der elektrischen Leitfähigkeit des Blutserums. Wir wissen, alle Organfunktionen sind bedingt begleitet von bioelektrischen Abläufen. Die „Elektrolytverschiebung" ist aber ein ernster Anklagepunkt.

5. Alkohol führt zu Schädigung der zuckerbildenden Kraft des Blutes. Die Tragweite der Störung auf diesem Gebiet ist jedem Mediziner bekannt.

6. Alkohol verursacht deutliche Beeinträchtigung der Leukozytenbewegung. Die weißen Blutkörperchen sind die Sanitätspolizei im Leben unseres Blutes. Sie sind für Krankheitserreger gefährlich beweglich, sie verhaften sie nämlich und — „fressen" sie buchstäblich auf. Daher der Name „Freßzellen" (Phagozyten). Obiger „Anklagepunkt" bedeutet also: Verminderung der bakterientötenden Kraft des Blutes, damit also auch Herabsetzung des Widerstandes gegen Infektionen durch Alkoholgenuß.

7. Alkoholgenuß ist erkannt als mögliche Ursache der Keimschädigung, der Blastophtorie (Forel, de Crinis und andere). Am Rhein, wo meine Eltern längere Zeit lebten (Bingen und Bergstraße), kennt man ein seltsames Wort von etwas fataler Bedeutung: „Hochzeitskinder." Gemeint sind Kinder, die zwar keine Idioten sind, aber doch psychisch so gehemmt, daß sie etwa in die „Hilfsschule" kommen. Konzeption in alkoholisch animierter Hochzeitsnacht führt zur Chance der Blasto-phtorie. Max de Crinis schrieb noch vor etwa zehn Jahren: „Die Auffassung Foreis, daß der Alkohol zu einer Keimvergiftung führt und daß daher die im Rausch erzeugten Kinder keimgeschädigt werden können, gewinnt immer mehr Anhänger." Gewiß: nur „können"! Aber ich denke, das sollte doch genügen.

Und wie wirkt Alkohol auf das seelische Gefüge?
(Nach den Forschungen Kraepelins und seiner Schule.)

1. Erschwerung der Auffassung. Wer weiß das? Wer ahnt das? Die Untersuchungen sind mit kleinen Mengen Alkohol begonnen, und die Apperzeptionsverschlechterung ist stufenweise im Verhältnis zur Menge festgestellt. Wenig schadet wenig, mehr schadet mehr. Der Trinkende merkt selbstverständlich nichts davon. Im Gegenteil!

2. Verlangsamung der Assoziationen (der Gedankenverknüpfung). Das kostet gar manches Menschenleben, dieses Hinauszögern des Schlüsseziehens und diese Verlängerung der Schrecksekunde bis zur Reaktion.

3. Zunehmende Minderwertigkeit der Gedankenbilder. Auch des Genialen? Aber sicher! Mein lieber Alkoholenthaltsamer und Durchschnittsmensch, wenn deine Geistgröße ohne Alkohol, im Längenmaß ausgedrückt, gleich 100 sei, dann mag für sich der Geniale 400 zählen. Bringt er sich um die Hälfte seiner Kapazität durch Alkohol, dann überragt er dich, den Enthaltsamen, noch immer ums Doppelte. So hat's der alte Kraepelin (München) seinen Studenten schon vor 50 Jahren erklärt, als Relativitätsgesetz.

4. Erleichterung der Umsetzung von Affekten (Gemütsbewegungen) in eine Tat. Klingt angenehm. Das kosten aber übereilte Entschlüsse, Totschlag, fatale Irrtümer, verpfuschte Existenz, unglückliche Ehebindungen, gebrochene Treue, Selbstmord, Indiskretion, Landesverrat, Wortbruch, Stellenverlust, Ehrverlust, kurzum — Blut und Tränen weit und breit.

Wenn ein gewöhnlicher Rausch vorüber ist, besteht dann kein Nachteil mehr? Allerdings doch! Die innere Wunde heilt nicht so rasch. Nachwirkung deutlich festgestellt über sieben Tage (Smith, Fürer, Rüdin). Strümpell spricht vom „Alkoholgedächtnis" der Körperzelle, also von bleibenden feinen, sich summierenden „Engrammen". Mein lieber, aufmerksamer Leser, genügt das alles noch nicht, die Abstinenz zu wählen als einzige Antwort?  - Otto Buchinger: Vom Marinearzt zum Fastenarzt. Metamorphosen eines Wandernden.  Freiburg i. Br. 1955

Alkohol (2) »Alkohol ist eine der Hauptursachen aller menschlichen Kümmernisse. Er senkt die Moral, mindert die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen Krankheiten und zerstört das Nervensystem.«

Crane hatte plötzlich das unangenehme Gefühl, der Doktor spreche eigentlich zu ihm. Er nahm hastig einen Schluck Kaffee in der Hoffnung, das werde den Geruch von Apfelschnaps aus seinem Atem vertreiben.

»Nehmen Sie beispielsweise Ratten«, sagte Dr. Livermore. »Wenn man Ratten Alkohol gibt, wird ihre Nachkommenschaft schwächlich und bleibt intellektuell weit unter dem Standard normaler Ratten. Und wenn man dem Nachwuchs einer alkoholabhängigen Ratte wieder Alkohol gibt, bleibt er lebenslänglich verkümmert.«

»Nehmen Sie Ratten«, sagte Blackwood, »ich nehme Alkohol.«

Dr. Livermore fuhr fort: »Was Krebs betrifft, so haben Experimente gezeigt, daß krebskranke Ratten sehr viel schneller sterben, wenn sie Alkohol trinken, als im anderen Fall.«

»Um so besser für die armen betrunkenen Tiere«, sagte Blackwood und sah sich beifallheischend um.

»Die Wissenschaft hat mit dem Mythos Alkohol aufgeräumt.« Dr. Livermore hatte nicht die Absicht, sich von irgendwelchen billigen Witzen stoppen zu lassen. »Man hat beispielsweise lange geglaubt, daß Whisky tatsächlich ein Mittel gegen Schlangenbisse sei. Mittlerweile ist bewiesen, daß er die Ausbreitung des Giftes im Körper fördert.«

»Sehr interessant, falls es wahr ist«, bemerkte Blackwood. »Und warum nimmt jede Expedition in exotische Länder dann Whisky mit?«

»Hauptsächlich aus mißgeleitetem Eifer. Nehmen wir nun beispielsweise Ratten, die man lange Zeit großer Hitze oder Kälte ausgesetzt hat -«

Miss Van Kamp erhob sich steif von ihrem Stuhl. »Ich habe kein Interesse an Ratten.« Ihre Stimme klang dünn. »Insbesondere nicht beim Essen.«  - Jonathan Latimer, Mord bei Vollmond. Zürich 1991 (zuerst 1935)

Alkohol (3)

- (dali)

Alkohol (4)
 

Genußmittel Stoff Droge

 

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