lbatros  Der erste Albatros, den ich je gesehen, bleibt mir unvergeßlich. Es geschah bei andauernd böigem Wetter, in Gewässern nahe am Südlichen Eismeer. Als ich eines bewölkten Vormittags nach der Freiwache an Deck stieg, lag da auf die Großluke hingeschleudert ein königlich gefiedertes Etwas, makellos weiß, mit einem wie eine Römernase gebogenen, stolzen Schnabel. Von Zeit zu Zeit entfaltete der Vogel gewaltige, erzengelgleiche Schwingen, als umfange er eine heilige Lade. Ein wundersames Fiebern und Flattern durchlief ihn. Obschon körperlich unverletzt, stieß er Schreie aus, wie der hoheitsvolle Geist eines Abgeschiedenen in unheimlicher Not. Tief in den unbeschreiblich fremden Augen glaubte ich Geheimnissen auf den Grund zu sehen, die an das Göttliche rührten. Wie einst Abraham angesichts des Engels, verneigte ich mich; das Geschöpf war so weiß, seine Schwingen so weit, und außerdem hatte ich in jenen menschenfernen Gewässern Brauch und Herkommen der elenden, seelenverkrüppelnden Städte ganz verlernt. Lange stand ich in Anschauung des gefiederten Wunders versunken. Was mich damals durchzuckte, läßt sich mit Worten nur höchst mangelhaft angeben. Schließlich kam ich wieder zu mir; ich wandte mich an einen Decksgast mit der Frage, was das für ein Vogel sei. «Ein Kapschaf», erwiderte er. Kapschaf! Den Namen hatte ich noch nie gehört. War es denkbar, daß dieses Wunderwesen an Land völlig unbekannt geblieben war?   - (mob)

Albatros (2) Sie hatten das Boot gefunden. Sie hatten die Rettungsboje, die ich dem Zimmermann zugeworfen hatte, und drei der fünf Schwimmwesten zurückgebracht und hatten die beiden anderen auf dem Meer schwimmen sehen, aber kein Zeichen von einem der Männer. Dann griffen die Vögel an, und sie mußten sich mit Stemmbrettern gegen sie zur Wehr setzen. Sie stießen auf ihre Köpfe nieder und rissen ihnen die Mützen ab, und die Männer, die bluteten, waren von den grausamen Schnäbeln der Albatrosse getroffen worden. Als sie die Schwimmwesten untersuchten und feststellten, daß alle Riemen losgebunden waren, wußten sie, was geschehen war. Die Vögel hatten sich auf die Männer im Wasser gestürzt und es auf ihre Augen abgesehen. Und die armen Teufel hatten freiwillig die Riemen losgebunden und sich sinken lassen, als sie sahen, daß keine Hilfe kam, denn sie konnten nicht mehr hoffen, die Vögel mit Erfolg abzuwehren. - Nach (pat)

Albatros (3)

Das Eis war hier, das Eis war dort,
Das Eis war überall;
Es türmte sich, und fürchterlich
Dröhnt’ übers Meer sein Schall.

Doch endlich schoß ein Albatros
Durch Nebel und durch Regen;
Als wär’s ’ne Christenseel’, so tönt
Ihm unser Gruß entgegen.

Der Vogel fraß aus unsrer Hand,
Flog auf dem Deck umher;
Das Eis zerbrach mit dumpfem Krach:
Wir sind auf offnem Meer!

Ein guter Südwind tut sich auf;
Hoch folgt uns durch die Luft
Der Vogel treu und schwebt herbei,
Wenn der Matrose ruft.

Auf Tau und Mast, da hält er Rast
Der wolk’gen Nächte neun.
Und alle Nacht durch Nebel lacht
Des Mondes weißer Schein. –

Vor bösen Geistern schütz’ dich Gott,
Du alter Schiffsgenoß!
Was stierst du? – mit der Armbrust mein
Schoß ich den Albatros!

- Aus: S. T. Coleridge (Gustave Doré, Illustr.),  Rime of the Ancient Mariner

Albatros (4) - Peter Green, Fleetwood Mac
 
 

Weiß Vogel

 

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