frika
zaire: eines tages erwish ich ein etwas älteren
lasta. vileicht aus dem zweiten, vileicht aus dem ersten weltkrig.
auf eina guten strasze wär das nich allzu problematish, aba hir
is es terror. wir faren selten mer als ein par hundat meta one zu
versanden. alles aussteigen, vor den reifen ein bissi graben,
holz und steine holen damit der boden festa wird und dann shiben.
es is praktish so, das nich der lkw uns weita bringt, sondan wir
den lkw. am späten nachmittag sind di fargäste, di shiba
zimlich fertig. wir sind grad in eim kleinen dorf versandet. der
fara sreit: "kinda, wer uns hilft, hir raus zu kommen, darf
ein par kilometa mit uns faren!" plözlich is di hölle los.
fünfzig kinda graben, suchen, bringen, shiben und wir sind im nu
aus der patshe. alle kinda steigen auf, wo wir shon so wenig sind.
nu passt wirklich keine ameise mer drauf. der lasta rollt an und
di kinda singen. ich trau mein oren nich. es is ein kanon mit eim
halben dutzend stimmen, ich bin völlig aus dem häuschen. hir
auf disem gerammelt vollen lasta mitten im bush fül ich mich plözlich
wi in eina katedrale. in Deutshland bräucht ein dirigent zwanzig
iare mit spitzenmusikan, um dise perfektion, dise grandiosität
zu erreichen. dise kinda hir an der kreuzung, wo sich das
nirgendwo mit dem nirgendwann trifft, tun das nur, weil inen
sonst nix einfällt. von sex ur morgens bis sex ur abends, in zwölf
stunden, ham wir fünfzen kilometa zurük geleegt. damit is ein
neua langsamkeitsrekord erreicht. wir slafen im dorf, am näxten
morgen färt der lkw los und ich ge zu fusz. zimlich bald bin ich
im rennen vorn und se ihn ni wida.hier isst ma slangen, affen, krokodile,
waldmäuse. alles was sich beweegt is ein kandidat für den
kochtopf. einmal essen di leute roe termiten. di reie kommt an
mich bevor ich flüchten kann. muss essen, adel verpflichtet. di
roen termiten smeken wi roe termiten, wi sollen si sonst smeken.
ein steyk wär mir liba, aba war in mir nich ein verlangen nach
fleisch? na also. -
Ze
do Rock
Afrika (2) Um alle Annehmlichkeiten
unseres Kontinents gebührend würdigen zu können, mußte ich als letztes noch
Afrika besuchen. Ich bekam es tatsächlich zu sehen, da unser Schiff von Negerpiraten
gekapert wurde. Der Kapitän beklagte sich bitter und fragte, warum sie so das
Völkerrecht verletzten. «Ihr habt lange Nasen und wir platte», erwiderte der
schwarze Kapitän. «Euer Haar ist glatt, und unsere Wolle ist gekräuselt; Eure
Haut ist aschfahl, unsere ebenholzfarbig — folglich müssen wir nach den heiligen
Gesetzen der Natur immer und ewig Feinde sein.
Ihr kauft unsere Leute auf den Märkten an der Küste von Guinea wie Lasttiere,
um uns dann irgendwelche ebenso mühseligen wie lächerlichen Arbeiten aufzubürden.
Ihr treibt uns mit Ochsenziemern an. um uns zu zwingen, den Bergen eine Art
gelbe Erde abzugewinnen, die an sich zu nichts nütze ist und noch nicht einmal
den Wert einer guten ägyptischen Zwiebel hat. Ebenso zwingen wir Euch, wenn
wir Euer habhaft werden und wenn wir die stärkeren sind, als Sklaven unsere
Felder zu bestellen, oder wir schneiden Euch Ohren
und Nasen ab.»
Gegen eine so weise Rede ließ sich nichts einwenden. Ich zog es vor, das
Feld einer alten Negerin zu bestellen, um meine Nase und meine Ohren zu retten.
Nach einem Jahr wurde ich losgekauft. Ich hatte nun alles gesehen, was es an
Schönem, Gutem und Bewundernswertem auf Erden gibt, und ich beschloß, fortan
daheim zu bleiben. Ich verheiratete mich, wurde Hahnrei
und erkannte, daß dies der süßeste Zustand des Lebens ist. - Voltaire,
Geschichte der Reisen Scarmentados. In: Voltaire, Mikromegas.
Stuttgart 1983.
Die Bibliothek von Babel Bd. 28, Hg. Jorge Luis Borges
Afrika (3) »Schau dir an, wie die hier leben«, sagte Ridolfi
ans Busfenster gepreßt. Vom Bus aus sah er Dörfer mit schwarzen Leuten, die
nur Lumpen am Leib hatten und nichts weiter machten, er sah Frauen in bunten
Kleidern und nackt herumlaufende Kinder. Nicht einmal ein schöner blauer Himmel
war da, den sowohl Cevenini wie Ridolfi in Afrika erwartet hätten. Ein grauer
Himmel, überall eine große Leere, der Horizont der Savanne verschwommen in der
Sonne flimmernd. Manchmal ein Busch da und dort, später da und dort ein Dorf
mit wenigen Hütten aus Stroh oder Lehm. »Schau dir das an, die leben mit ein
paar Lumpen am Leib und haben nicht einmal einen schönen blauen Himmel«, sagte
Ridolfi zu Cevenini. -
Gianni Celati, Cevenini und Ridolfi. In: G. C., Cinema naturale. Berlin 2001
Afrika (4) Alles in Afrika hat den Geschmack von gekochten,
verbrannten Sachen; die Blumen riechen wie getrocknete Exemplare in einem Herbarium;
das Fleisch der Frauen schmeckt nach Suppenfleisch; und wenn man in eine Frucht
beißt, hat man im Mund den warmen, süßlichen Geschmack von Kompott. - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg
1988 (rororo 12225, zuerst 1922)