Affenbrotbaum  Aglaé ging mit nackten Beinen und Brüsten geradewegs auf den Affenbrotbaum zu, der seit dem Vierzehnten Juli als Baum der Freiheit mitten auf der Place de la République stand.  Doch oh sprachloses Erstaunen, der Baum blieb immer in der gleichen Entfernung von Aglaé, und dabei war er keineswegs der Horizont. Sie stoppte einen Autobus, kletterte auf den Sitz des Fahrers, den sie zu Boden schleuderte, legte einen Gang ein und raste auf den  Affenbrotbaum  zu.  Doch der  beschleunigte sein Tempo so, daß der Abstand zwischen ihm und dem Autobus unverändert blieb. Dieses Verfolgungsrennen dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit. Man befand sich inzwischen in einer weiten, sumpfigen Ebene, an deren südlichem Rand ein Dutzend Pissoirhäuschen standen, die so hoch waren wie Kathedralen. Aglaé hatte das vage Gefühl, daß die Luft sich mit geheimnisvollen Lebewesen bevölkerte, die welken Blättern und Seevögeln ähnelten. Hin und wieder benetzte ihr ein Wassertropfen die Wange oder die Nase, und ein Schrei, vergleichbar mit dem Zischen von unter Druck stehendem Dampf, störte die Ruhe der Nachtluft. Es war wie ein Wirbel von Geräuschen. Eine Sandbö fegte vorbei, dann wurde es wieder still, und es war wie bei einem Buchstaben, der von einem Ladenschild herabfällt und das darauf stehende Wort unentzifferbar macht.

Aglaé knickte vor Wut mit den Füßen um. Sie konnte nicht begreifen, daß sie mit einer so simplen Sache wie dem Einholen eines Affenbrotbaums nicht zu Rande kam. Sie brüllte allerlei Schimpfworte: „Betrüger! Augen geradeaus! Architekt! Dubonnet! Holzschuh! Krankenschwester! Kaiser! Lammsfuß!" Sie riß büschelweise Gras aus und warf es in Richtung Affenbrotbaum, der zum Zeichen des Dankes seine dicksten Äste nach unten neigte.   - (per)

 

Baum

 

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Baobab